Irisches Tagebuch
Text und Fotos von Bernd Taller
Es gibt dieses Irland, wer aber hinfährt und es nicht findet, hat keine Ersatzansprüche an den Autor“ (Heinrich Böll).
Bereits 1974 besuchte mein Bruder Edmund die Grüne Insel und traf dort unseren Bundespräsidenten Walter Scheel. Ich habe Horst Köhler nicht getroffen, dafür aber viele nette Iren. Das war meine zwanzigste  Irlandreise- und meine Schönste!
Doch der Reihe nach. Als ich am Donnerstag, 10. Juli in Dublin lande, führt mich mein Weg schnurstracks gen Nordwesten. Ich fahre die alte Straße am Lough Conn entlang nach Crossmolina. Von dort geht es durch eine einsame Landschaft Richtung Bangor. Plötzlich säumen hunderte von Menschen die Landstraße. Ich passiere sie im Schritttempo, dann kommt mir ein Polizeiwagen entgegen, dahinter der Leichenwagen und viele, viele PKWs. Eine Beerdigung auf irisch!
Quartier beziehe ich im Hillcrest B&B (E-Mail: hillcresthouse@eircom.net) und Evelyn ist eine sehr sympathische Gastgeberin.

Markus Müller mit Hündin Alannah =>

Freitag, 11. Juli. Mit Markus Müller, er ist als Fisheries Information Manager beim North Western Fisheries Board beschäftigt, treffe ich mich an den Ufern des Carrowmore Lake 
(bangorerrisangling.com). Lough-Style-Fishing steht auf dem Programm und es erwartet uns ein „red-letter-day“. Mit im Boot befindet sich Markus superlieber Hund Alannah. Die Sea- und Browntrouts beißen wie verrückt, das habe ich nicht mal ansatzweise jemals so erlebt. Mein schönster Fisch ist eine Brownie von c. 2,5 Pfund und Markus verliert einen Lachs. Eine Meerforelle entnehme ich fürs Abendessen - Evelyn bereitet sie köstlich im Gemüsebett zu.
Samstag, 12. Juli. Bereits um 6.00 Uhr stehe ich an den Ufern des Owenmore River. Ein herrlicher Spateriver - leider sinkt sein Wasserstand seit Tagen, wenn es nur heftig regnen würde?! Nach einer Stunde attackiert ein Lachs meine Fliege, ist aber nach wenigen Sekunden wieder ab. Hoffentlich bleibt dies nicht der einzige Kontakt, ich sehne mich so nach einem silbernen Geschenk.... Später nimmt mich John, ein netter, älterer Ire mit seinem Boot auf den Carrowmore und ich fange c. 10 Forellen - ein schöner, stimmungsvoller Abend.

Oben: Meerforelle aus dem Carrowmore Lake

Rechts und unten: Drill am Carrowmore Lake

Sonntag, 13. Juli. Da ich am Vortag einen langen Abend im Pub hatte, steht ausschlafen auf dem Programm. Um 11.00 Uhr ist Gottesdienst und ein Chor singt zur Melodie von „Morning has broken“, eines meiner Lieblingslieder von Cat Stevens. Dann heißt es Abschied nehmen und Evelyn schenkt mir noch ein Angelbuch eines irischen Autoren („Fishing Fraternity“ ) und eine Wegzehrung in Form von Butterbroten mit Räucherlachs (hmm, lecker).
Am Nachmittag treffe ich im Mount Falcon (mountfalcon.com) ein - ein First-Class-House mit allem Pipapo. Der Fischereimanager zeigt mir die hoteleigene Strecke am Moy („Wallpool“), aber bis zum Abend erfolgt kein Biss. Die Krönung ist das Dinner im bezaubernden Restaurant, wirklich spitze!
Montag, 14. Juli. Markus Müller und ich treffen Judd Ruane (fishingireland.ie) um 8.30 Uhr. Mit seinem Boot bringt er uns zu einer Insel im Mündungsgebiet des Moy. Bisher hatte ich mit der Fliege keinen großartigen Erfolg auf Meerforellen, aber hier erhalte ich Biss auf Biss. Keine Großen, Fische um ein Pfund, aber temperamentvolle Kämpfer. Am Mittag zaubert Judd (den ich von meinen Reisen Anfang der Neunziger kenne und der sich sehr über das Wiedersehen freut) zwischen den Dünen ein fabelhaftes Essen herbei: Garnelen in Knoblauch, Meerforelle in der Folie und zum Abschluss ein delikates Steak. Ein Picknick der ganz besonderen Art!

Markus Müller mit Meerforelle =>
 

Um 17.30 Uhr soll ich mich am Ridge Pool einfinden. Konzentriert fische ich die Strecke ab. Sie ist ja nicht so nach meinem Geschmack- mitten in der Stadt- aber man hat eine relle Fangchance. Leider bleibe ich blank, macht nichts, ich habe ja noch einige Tage vor mir.

Dienstag, 15.Juli. Rory, Angestellter der Fischereibehörde, begleitet mich zum Moy und zeigt mir die Strecke „Lower Clongee“ (northwestfisheries.ie). Die Sonne kommt heraus, am Nachmittag lege ich mich ins Gras und die Augen fallen mir zu. In meinen Träumen beißen die Lachse wie verrückt...

<= Owenmore River

Mittwoch, 16. Juli. Shane, Angestellter der zentralen Fischereibehörde in Dublin, holt mich am Hotel ab und begleitet mich zum Moy. Heute steht der „Upper Clongee“ auf dem Programm. Diese Strecke wird wie „Lower Clongee“ vorbildlich von der NWRFB, der Fischereiverwaltung des Nordwestens, bewirtschaftet. Ein perfektes Parkareal steht bereit, Übersichtstafeln erklären den Streckenverlauf und Steighilfen über die Zäune fehlen auch nicht - Prädikat sehr empfehlenswert!
Bald komme ich zu einer Sandbank in einer Rechtskurve. Hier bleibe ich, wenn ich eine Chance habe- dann hier. Das spüre ich ganz fest und man weiß ja: Der Glaube versetzt Berge.

Rast am Carrowmore Lake =>

Nach einer halben Stunde erfolgt fast am anderen Ufer ein heftiger Schwall - NICHT ANSCHLAGEN hämmert es in meinem Kopf. Ich schaffe es und als ich einen Zug in meiner Leine verspüre nehme ich die Rute hoch - HÄNGT!!! Ich schwöre - ich führe keine Selbstgespräche, aber in diesem Moment höre ich mich sagen: Mach jetzt keinen Fehler, bleib ruhig, Du kannst diesen Fisch bekommen, aber mach nichts Falsches. Wacklige Knie bekomme ich, als mir bewusst wird dass ich keinen Kescher bei mir habe. Noch nie habe ich einen Lachs per Schwanzwurzelgriff gepackt und ich habe Angst, ihn in der Endphase noch zu verlieren. Aber ich packe fest zu und dann liegt er am Ufer- kein Riese, ein Sommerlachs von 1,86 kg. 
Vor Freude lasse ich einen verkappten Jodler los und zwei Iren am anderen Ufer applaudieren. Nun kommt auch Shane und fällt mir vor Freude um den Hals.

Am Abend gönne ich mir ein Dinner mit einer kleinen Flasche Sancerre und muss immer wieder an den heftigen Schwall denken- das war Musik in meinen Ohren!
 

Oben: Abend am Carrowmore Lake

Rechts: Mein Grilse am Moy

Donnerstag, 17. Juli. Tagsüber Meeresangeln mit Mary Gavin Hughes in der Clew Bay
(fantastisch- Haie, Rochen und Makrelen) und am Abend mit Dr. Ken Whelan auf dem Lough Furnace. Die Lachse springen zirkusreif, ein Schauspiel der besonderen Art. Ken erzählt sehr interessant und auch ohne Biss ist das ein ganz besonderer Abend.

In meinem neuen Quartier Enniscoe House (www.enniscoe.com) treffe ich erst um 0.15 Uhr ein. Susan Kellett empfängt mich sehr herzlich und todmüde falle ich ins Himmelbett....

<= Moymündung
Unten: Meerforellentrio

Freitag, 18. Juli. Ausschlafen, ein köstliches Frühstück, das Bewundern all der Antiquitäten im Haus, vor allem der Ruten an der Wand. Ich kurble an einer alten Perfekt und verliebe mich augenblicklich in ihren Klang. So eine muss ich bald haben!
Nochmals fische ich am Moy in Upper Clongee, aber der Rücken tut mir weh und ich habe keine so rechte Motivation mehr - mein Traumfisch liegt ja bereits in der Gefriertruhe. Am späten Nachmittag fahre ich zum Newport House und werde dort herzlich empfangen. 
Kieran Thompson lädt mich zum Dinner ein und es wird ein unvergesslicher Abend....
Samstag, 19.Juli. Heute steht Fliegenfischen im traditionellen Stil auf dem Lough Conn an. Garry, ein sehr netter Engländer und Inhaber der Cloonamoyne Fishery (cloonamoynefishery.com), nimmt mich mit.

Mit Ghosling, Bibio und Peter Ross werfe ich unermüdlich, aber nur eine Browntrout lässt sich verführen. Klar, der Juli ist kein guter Monat und der Sonnenschein minimiert meine Chancen zusätzlich.

Am Abend lädt mich Susan zum Dinner ein. Vorher ein Guinness am Kamin, danach ein exzellentes Menu, zusammen mit Garry und Markus nebst Freundin Monika.

Dabei kann ich Markus (E-Mail: mmuller@nwrfb.com, Web: northwestfisheries.ie) von Herzen danke sagen - er hat alles perfekt geplant und arrangiert.  Mein Anglerherz ist übervoll und meine glückstrahlenden Augen können nicht lügen - meine mit Abstand schönste Irlandreise in 20 Jahren!
Herzlichen Dank auch an Judith von Rauchhaupt und Monika Wörmann von der Irischen Tourismuszentrale in Frankfurt (tourismireland.de) - bis zum Wiedersehen bei der Irish Night in Stuttgart im Januar 2009. Ohne deren großzügige Unterstützung wäre meine Reise in dieser Form nicht möglich gewesen.

God bless you all!

g
Stillleben mit Guinness

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