Reise: Schweden Fliegenfischen in Lappland 2020 Ein Reisebericht & Fotos von Tilman Frank |
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Oktober
2019: Fertig, die Planung ist fertig! Weit nach oben in Schweden soll es
gehen, danach einen Schlenker nach links nach Norwegen und da erst ein
bisschen Pollack & Co. ärgern und auf dem Weg Richtung Süden
noch an zwei Lachsflüssen vorbei. Alle Unterkünfte sind gebucht,
Vorfreude pur.
Juni 2020: Eine Viruspandämie zerstört neben so vielem anderen auch unsere Urlaubsplanung, Norwegen ist beim aktuellen Stand nicht möglich, zum Glück kann der Lappland-Aufenthalt verlängert werden. Trotz Einstufung Schwedens als Risikogebiet bei unserer Abreise halten wir an unserem Plan fest, wohl wissend dass wir bei der Rückreise von Schweden nach Dänemark schnell und unkompliziert einen Test machen können. Davon abgesehen ist die Wahrscheinlichkeit auf mehr als drei Menschen am Tag zu treffen dort recht gering, wenn man es nicht darauf anlegt – also los! Das ist mir dann doch zu viel Strecke, um ohne Zwischenstopps durchzufahren, also gönnen wir uns in Idre, Dalarnas Län, eine Pause. |
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Richtig
viele Top-Gewässer drängeln sich geradezu darum, befischt zu
werden. Mit nur anderthalb Tagen Zeit im Gepäck unmöglich im
Voraus zu bestimmen, an welches Gewässer es gehen soll. Daher habe
ich der Idre Fiskebutik einen Besuch abgestattet, den netten Verkäufer
durch den Kauf eines Vorfachs und zweier Nymphen eingefangen und nach Angeltipps
gelöchert. Auf die Frage, wo er denn heute fischen gehen würde,
wenn er (bedauerlicherweise für ihn) nicht arbeiten müsste, ernte
ich ein kurzes: “Nirgends”. Meinem leicht irritiertem Blick folgend, schiebt
er nach, dass aufgrund des Temperatursturzes von stolzen 10 Grad innerhalb
der letzten Tage Wandern, Radfahren oder Ausspannen bessere Alternativen
seien. Wenn man unbedingt fischen möchte, dann am Grövlån.
Kurz skizziert er mir auf der Karte gute Abschnitte. Ich raus und ins Auto.
Ich will dahin, auch wenn die Bedingngen schei… sind, schließlich
träume ich seit Monaten vom Start des Angelabenteuers.
Auf dem Weg begegnet mir eine sehr unscheue Elchkuh: das nehme ich mal als gutes Omen. Also weiter, das Auto abgestellt und los durch das Idrefjäll in Richtung Fluss. |
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Endlich
am Grövlån angekommen
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Toller
Fluss, sehr abwechslungsreiche Struktur und ich bin völlig allein.
Wie auf dem Bild oben leicht zu erkennen ist, bietet das Wetter nicht gerade
Anlass dazu, die Trockenfliege rauszuholen. Leichter Wind mit sporadischen
Regenschauern und 10 Grad sind nicht gerade sommerliche Bedingungen. Ich
bin ja nicht der allerbeste Nymphenfischer, am Fluss ist mir die trockene
doch die liebste Wahl. Wenn das nicht geht, wechsle ich gerne zum Streamer-Fischen,
meine männliche Intuition beharrt allerdings darauf, heute zur Nymphe
zu greifen.
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Schön wenn man auch mal richtig liegt. Nach einer kleinen Forelle und einer mittelkleinen Äsche steigt ein richtig guter Fisch ein. Wie sich nach heftigem Drill herausstellt, eine Äsche, die so ganz knapp an der Halbmeter-Marke schrammt. |
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Meine
absolut größte jemals gefangene Äsche, ich bin total glücklich.
Die bekommt die Freiheit wieder, wer weiß wie viele Nachkkommen solch
ein Fisch noch produziert. Toller Auftakt, ich bin Petrus wirklich dankbar.
Der nächste Tag bringt uns dann an unser eigentliches Ziel, ein einsam gelegenes Haus, sorgsam ausgesucht mit einer strategisch günstigen Lage zwischen Saxnäs, Vilhelmina und Dikanäs. |
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Ich
scheine nicht der einzige zu sein, der ständig an Fische denkt, das
Ortsschild von Dikanäs beflügelt mich in meinen Vorahnungen...
Um es vorwegzunehmen: Mit
einer begrenzten Aufenthaltszeit in dieser Region ist es völlig unmöglich,
auch nur ansatzweise alle Möglichkeiten zum Angeln auszuschöpfen.
Die Region Västerbottens Lan bietet über 130 kommunale unterschiedliche
Gewässer an, dazu kommen noch private und solche, die am 1. Mai ausgelost
werden. Ich kam mir vor wie ein kleiner Junge, der den größten
Süßwarenladen der Welt besuchen darf, aber nur zwei Euro in
der Tasche hat.
Unser Haus lag genau zwischen zwei Seen, und so macht es durchaus Sinn, sich erst einmal in der Nachbarschaft umzusehen. So präsentiert sich der größere der beiden, der Västansjö, bei unserer Ankunft: |
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Freunde kleiner Details achten auf den Bildrand. Der kleinere, der Bletiken, hat im Laufe unseres Aufenthalt den Namen “Barschsee” erhalten, warum, muss wohl nicht unbedingt erläutert werden, hier ein Foto: |
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Hier
habe ich ein paarmal mein neues Bellyboat ausprobiert, einige Ü30
Barsche ließen sich auf die Schuppen legen.
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Leeeeeeeeeeeecker!
Ich bin sonst nicht so der Barschflüsterer, auch zumeist nicht auf
Stachelritterjagd, aber kulinarisch waren die Jungs ein echtes Highlight.
Auf die Ansage: “Ich geh´mal kurz zum Barschsee” habe ich von meiner
Freundin auch immer ermutigenden Zuspruch bekommen.
Bei
der Auswahl unserer Hütte hatte ich Wert gelegt auf das Detail, dass
ein Boot benutzt werden kann, in unserem Fall ein Viererkanu mit E-Motor.
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Immer
ein bisschen wackelig, dort auf dem Boot zu stehen und den Streamer mit
Doppelzug rauszuhauen, beim Drill habe ich mich dann auch oft lieber mal
gesetzt.
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Und
natürlich die Schwimmweste getragen. Letzten Endes war das Boot der
Schlüssel zu fantastischen Angelerlebnissen, das ersehnte Ziel meines
ersten arktischen Saiblings konnte ich tatsächlich bei der ersten
morgendlichen Ausfahrt verwirklichen. Da ich alleine auf dem Boot war,
habe ich einen kurzen Schlenker an Land gemacht um den Fisch angemessen
und nicht auf dem Aluboden des Kajaks liegend fotografieren zu können.
Mein erster arktische Saibling – ich war so froh und stolz wie Bombe, der Fisch war nicht riesig, ca 50 cm, aber ich war auf Wolke sieben... Mein Equipment auf dem Boot war komplett meine Meerforellenausrüstung, also 7er Rute mit S3 Schusskopf und Dannevirke. Hat ganz gut geklappt, hier sind einige Models, die dieser Kombi nicht widerstehen konnten: |
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Ein Fisch muss allerdings noch einen besonderen Platz erhalten, meine bisher größte Bachforelle, ein wunderbarer Fisch, der sich auch nicht so leicht geschlagen gab. |
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Ganz, ganz
toller Fang der mich sehr glücklich gemacht hat, mit 53cm ein super
Fisch.
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Die
Flüsse
Um unser Ferienenhaus herum gab es eine Menge an tollen Flüssen & Bächen, ich habe da nur an der Oberfläche kratzen können, unfassbar was dort möglich ist. Am einfachsten erreichbar und durch den etwas höheren Fischereidruck durch die einheimischen Touristen auch an letzter Stelle meiner persönlichen Liste liegt die Marsån. Eigentlich ein sehr schönes
Gewässer, aber wie beschrieben, zu einfach zu erreichen und dadurch
zu vielen Anglern ausgesetzt – natürlich gemessen an den dort gültigen
Zuständen. Ich habe auf einer Strecke von ca. 2 km vier andere Angler
getroffen, in Mitteleuropa wäre das kaum der Rede wert.
Gleich um die Ecke findet sich die Bergsjöån, schon ein etwas größeres Fließgewässer, der Fischbestand besteht hauptsächlich aus Äschen, Bachforellen kommen ebenfalls vor: |
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Ich
habe dort nur zweimal gefischt, einmal gab es einen kleinen Schlupf von
kleineren Maifliegen. Ich konnte einige Fische fangen, jedoch leider keinen
in der gewünschten Größe. Ist ebenfalls relativ einfach
zu erreichen, mit 20 Minuten Fußweg durch Wald & Gestrüpp
(das ist allerdings schon ziemlich schweißtreibend in Watklamotten)
ist man an der Fliegenfischstrecke unterhalb von Stennäs an erfolgversprechenden
Stellen.
Natürlich musste ich auch einmal an die Vojmån, jeder Äschenliebhaber kennt den Namen dieses Flusses, und wer davon nichts weiß dem wird spätestens beim Erreichen der Brücke bei Vojmåns Camping klar um was es hier geht: => Das “Kunstwerk” ist mal so locker 2 1/2 Meter lang, eine Huldigung an thymallus thymallus. So sieht der Fluss aus: |
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Groß
und mächtig, äschenträchtig….
Platter Reim, aber stimmt.
Ich konnte dort einige der Fahnenträger mit einer Pheasant Tail Nymphe
zum Biss verleiten, eine habe ich dann für den Räucherofen mitgenommen.
Ist übrigens mein Tipp: Äsche geräuchert ist echt lecker!
Ich hatte mich schon seit Monaten darauf gefreut, ziemlich weit oben im Klimpfjäll zu fischen. Naturerlebnis pur mit einer Wandertour von 2 1/2 Stunden, die alleine schon berauschend ist. Der Saxån folgend, finden sich dann viele kleine Bergseen, auf Sami “Duoranjaureh”. Oben angekommen, bin ich zwar nicht so erfolgreich, was die Fischerei betrifft, es gab mal wieder einen ziemlich herben Temperatursturz just an diesem Tag und so konnte ich nur kleinere Bachforellen bis 25 cm überlisten. Aber das hat dem Erlebnis überhaupt keinen Abbruch getan, echt tolles Fischen. |
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Was
für ein Tag, für solche Momente liebe ich meine Passion, ich
kann mir nichts Schöneres vorstellen.
Am nächsten Tag gibt es dann zum Frühstück auch mal so eine Aussicht auf unseren Haussee, das muss natürlich festgehalten werden. |
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Wir
sitzen mit der Kaffeetasse in der Hand und genießen den seltenen
Zustand der Windstille und fragen uns, ob wir wirklich wieder nach Hause
müssen...
Wenn man ein Stück weiter bergauf geht, bekommt man eine Landschaft zu sehen, wo Rentiere weiden. |
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Es ist absolut verboten, sich Rentieren zu nähern, so habe ich auch nur dieses aus etwas über 100 Metern aufgenommene Foto eines Tieres. |
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Was
die umgebenden Flüsse betrifft, komme ich nun zu meinem absoluten
Favoriten, der Matskansån. Für meinen Geschmack genau
die richtige Größe, nicht zu groß und nicht zu klein,
vor allem war ich stets alleine beim Fischen, zumindest was andere Angler
anbetrifft. Was allerdings Tiere angeht, die vom Blut anderer Lebewesen
leben, ist kein Mangel vorhanden. Es ist immer ein Thema im hohen Norden:
Die Mücken. Auch ich musste anfangs wirklich Lehrgeld zahlen, jedes
Stück Haut, das nicht von einer dicken undurchdringlichen Schicht
Kleidung geschützt wird, ist ein Mückenmagnet. Dabei musste ich
lernen, dass ein Pullover nicht dazu zählt, dreistellige Zahlen von
Mückenstichen sind ein ganz besonderes Erlebnis….
Die Blutsauger haben einen sechsten Sinn dafür, wann man keine Hand frei hat, um sie zu vertreiben oder plattzuhauen. Schön ist, wenn man beim Abhaken eines Fisches oder beim Werfen spürt, wie sich die kleinen Monster unter dem Bügel der Brille durchquetschen, um das Opfer rund um die Augenpartie um ein Paar Tropfen Blut zu erleichtern. Oft liest man Aussagen wie ”ich möchte Teil der Natur sein..” Hier geht es, ob man will oder nicht. Es tritt allerdings mit der Zeit ein Gewöhnungseffekt ein, ich wurde im Laufe unseres Aufenthalts zunehmend demütig. Aber zurück zu meinem Lieblingsfluss, unten ein Bild der Schönheit ohne meine große Nase. |
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Hier
hatte ich tolle Momente beim Trockenfliegenfischen, zumeist Äschen
steigen ein und hin und wieder auch eine Forelle. Meiner Ansicht nach sind
die mit Abstand wichtigsten Muster im Sommer an den Flüssen in Lappland
Ephemera Imitationen in Größen 14-10. Gerade auf die größeren
Fliegen hatte ich zum Teil unglaublich heftige Bisse, besonders von Äschen.
Ein fantastisches Farbspiel, das die Äschen dieses Flusses zu bieten haben. Die allermeisten Fische sind wieder ihrer Wege geschwommen, ab und zu dachte ich auch mal kurz an meinen Räucherofen und so entstanden diese Bilder. Herrliches Angeln, ich hatte mir so einiges ausgemalt, aber es ist einfach wunderbar, wenn hohe Erwartungen noch übertroffen werden – an der Matskansån war das der Fall. |
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Touren
gehen
Neben dem Fischen ist das Wandern für uns immer ein wichtiger Bestandteil des Urlaubs, wir haben dabei so einige tolle Naturerlebnisse gehabt, Polarfüchse gesehen, Auerhähne, Elche, Rentiere und alle möglichen und unmöglichen Greifvögel und Singvögel, Gänse, Enten und Wasservögel, kurz: Das volle Programm wunderbarer Natur. Der Landschaft dort eine Beschreibung zu geben, versuche ich erst gar nicht, zum Teil ist es deutlich darüber hinaus, was ich mittels Worten darstellen kann. |
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Was
für ein grausamer Tag, als wir wieder die Heimreise antreten müssen.
Es war zwar klar, dass er kommen musste, aber wahrhaben möchte man
es dann doch nicht. Wir beugen uns dem Druck des Unvermeidlichen und treten
die Heimreise an.
Schweren Herzens, aber dankbar für alles, was uns dieser fantastische Landstrich an Erlebnissen und Eindrücken gegeben hat, ein wahrhaft erfüllter Aufenthalt. Fischereilich extrem erfolgreich, neue Bestmarken bei Bachforelle, Äsche und Barsch sowie meine zwei ersten jemals gefangenen arktischen Saiblinge. Bei den seltenen Begegnungen mit allen Schweden vor Ort haben wir nur extrem positive Erfahrungen gemacht und mit viel Entspannung, Dankbarkeit, so schöne Dinge erlebt haben zu dürfen und neuer Kraft für den stressigen Alltag in einer unalltäglichen Situation, kehren wir nach Hause zurück. ![]()
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![]() Ein Reisebericht von Tilman Frank für www.fliegenfischer-forum.de - November 2020. Das unerlaubte Kopieren und Verbreiten von Text- und Bildmaterial aus diesem Bericht ist verboten. |
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