Mongolische Äsche, Altai Gebirge 2011
VOM LIPAN UND OSMAN IM ALTAI
Vermutlich die größte Äsche der Welt - Angel Saison 2011 | ein Beitrag von Jan Haman

Als wir vor drei Jahren im Hohen Norden der Finnmark unterwegs waren, um zum Aufgang der Fliegenfischer-Saison dem Atlantischen Großlachs an den legendären und mächtigen Flüssen am Nordkap nachzustellen, war das Wetter und die Schneeschmelze und der Wasserstand im Juni so unberechenbar, wie es eben oft das harte Los des Lachsanglers ist. Wir zogen uns für einige Tage von den angeschwollenen Flüssen und von der Küste zurück und kampierten irgendwo im rauen Hochland. Diese gottverlassenen und baumlosen und windgepeitschten, von Gletschern abgeschliffenen Granitberge gehören zu den trostlosesten Landschaften des Nordens, in denen nur genügsame Rentiere und das zähe Naturvolk der Samen überleben können auf ihren langen Wanderungen.

Aber das tiefe schwarze Wasser des einsamen Bergsees, an dem wir unser Lager eher wahllos aufgeschlagen hatten, war die Heimat der größten Köcherfliegen, die ich jemals gesehen hatte. Es dauerte nicht lange und als sich am Abend der Wind gelegt hatte, fingen meine tschechischen Freunde und ich die wohlgenährtesten und feistesten Äschen des Kontinents, während auf der stillen Oberfläche des Sees die riesigen geschlüpften Fliegen entlangbrummten und Furchen auf dem Wasser zogen wie Flussdampfer.

Schnell banden wir neue Tschechische Nymphen auf Hakengröße 8 und 6 und in den Farben steingrau, sandgelb und moosgrün. Am nächsten Abend kam der baumlange Milosh, der weit in den unergründlichen See hinausgewatet war, mit einem Fisch zurück der zuerst aussah wie ein großer Weissfisch, als er ihn neben dem Lagerfeuer ablegte um sich aufzuwärmen. Es war eine riesige fette Äsche. Prächtig gefärbt und mit reichlich schwarzen Tupfen auf den Flanken, gefangen mit der selbstgebundenen Nymphe, die eine schlüpfende Riesen-Köcherfliege nachahmte und am Einlauf des Sees, in den ein schnellfließender Fluss mündete. Ich klappte mein Schweizer Multi-Tool auf, an dem es eingravierte Messziffern in cm und inch gibt, da sonst kein Maßband aufzutreiben war und legte das Eisen mehrmals an: Gute 65 cm lang! 

Dieser Abend war wieder ein „Gitarren-Abend“ und wir machten uns über die mitgebrachten Vorräte an tschechischem Bier und schwerem spanischen Rotwein her. Wir waren durstig in der trostlosen Einsamkeit und entschlossen, keine vollen Flaschen wieder zurückzutragen. Unser Fliegenfischer-Veteran und Altmeister Jaromir stimmte bereits die abgegriffene Gitarre und sang sich am Lagerfeuer ein, während ich noch verzweifelt versuchte, mit meiner alten Spiegelreflex und im schwindenden Licht des Polarsommers einige Aufnahmen von der Äsche zu schießen. Ein Blitzgerät hatte ich nicht dabei und auch kein Stativ für den empfindlichen Diafilm, aber wenigstens ein unterbelichtetes Bild gelang mir noch mit der Äsche neben einer Original Pilsner Urquell Bierdose als untrüglichen Größenmaßstab.

Am nächsten Morgen sah ich die übergroße Rückenflosse der Äsche an einer verkrüppelten Birke neben dem Zelt zum Trocknen angenagelt, wie eine Fahne im Wind. Der Rest des Fisches war während der durchzechten Nacht in der Bratpfanne gelandet, zusammen mit dem lachsrosa Fleisch der übrigen Äschen, die nur knapp einen Kopf  - also etwa 10 cm kleiner waren. Aber ich hatte bei dem tief rubinroten spanischen Rioja Wein am Lagerfeuer nachgedacht, wie ich es immer tue, und hatte jetzt eine Ahnung davon bekommen, wie wir den großen legendären Raub-Äschen in den tiefen Bergseen des Altai Gebirges in Zentral-Asien nachstellen würden...


Wir hatten diese große Mongolische Äsche schon vor Jahren auf unseren einsamen Streifzügen durch den Hohen Altai vereinzelt gefangen. Aber die Fänge waren eher zufällig. Die Wege und die Lebensweise dieses geheimnisvollen Fisches waren uns noch unbekannt.

Die Mongolische Äsche, auch unter dem wissenschaftlichen Namen „Thymallus brevirostris Kessler“ bekannt, ist grundsätzlich nur eine weitere Unterart der Gemeinen Äsche, die in den ausgedehnten Fluss-Systemen und Seen des Altai Gebirges im Nord-Westen der Mongolei lebt. Dieser erstaunliche Fisch ist eine endemische Form, welche nur hier in abgeschnittenen Bergflüssen des Binnenlandes vorkommt, die ihre Mündung in großen Seen haben anstatt in das offene Meer zu fließen. Aufgrund des Fehlens eines großen, direkt konkurrierenden Raubfisches in diesen Gewässern, wie eine Lenok-Forelle, ein Taimen-Huchen oder ein ziehender Lachs, konnte sich diese Mongolische Äsche zu einer großwüchsigen Unterart entwickeln, die in einen räuberischen Fisch an die Spitze der Nahrungskette mutierte.


Äschen in der Rekord-Klasse wurden von uns und unseren Klienten während der letzten beiden Jahre im neuen Angelcamp in den Bergen des Nationalparks Altai gefangen. Dieses völlig unberührte und intakte Wildnis-Gebiet im äußersten Nord-Westen der Mongolei bildet ein wildes Grenzland zwischen den riesigen Ländern Sibirien, Kasachstan, China und der Mongolei mitten in Zentral-Asien. Die größten Exemplare unserer gefangenen räuberischen Äschen sind zum heutigen Tage bis zu 75 cm lang, sie bissen beim Spinnfischen mit kleinen Wobblern oder Blinkern und bis zu 68 cm beim Fliegenfischen mit Nymphen und Streamern. Aber noch weit größere Äschen von guten 85 cm haben wir bei einheimischen Fischern und Nomaden gesehen, die auf traditionelle Weise gefangen wurden. Ihre Erzählungen berichten von authentischen Äschen um einen Meter Länge in den tiefen Bergseen. Wir sehen keinen Grund, warum wir diese Schätzungen ernsthaft anzweifeln müssten und glauben völlig nüchtern an ein gutes Potential für unsere Sportangler und Klienten, die bereit sind mit uns an diesen aufregenden Fischen und weiteren Rekordfängen zu arbeiten. 


Das Angeln auf Äschen in der Mongolei ist ausgesprochen vielfältig und ein großartiger Sport überall an den wichtigsten Flüssen der ganzen Nordprovinzen. Äschen sind in den Weiten des Ostens allgemein als „Lipan“ der slawischen Sprachen bekannt und spielen bei einheimischen Fischern kaum eine Rolle. Aber es ist der „Brot und Butter“- Fisch der meisten sibirischen und mongolischen Ströme und die Äsche scheint alle Taimen-Huchen, Fischotter, Hechte, Kormorane, Fischadler und Angler gleichermaßen zu ernähren, ohne dass wir einen nennenswerten Rückgang der Bestände erkennen könnten. Seit mittlerweile 20 Jahren angeln wir von unseren solide gebauten Hauptlagern aus Blockhütten an den Taimen-Flüssen Ur, Selenge, Shishkid, Tengis und Shargin, um nur einige der bekanntesten zu erwähnen. Die schmackhafte Gelbschwanz-Äsche haben wir während der Angelsaison seit vielen Jahren als willkommene Abwechslung auf unserem Mittagstisch und mussten sie dazu als „Entdeckung“ nicht einmal wissenschaftlich einordnen und benennen. Während unser Angelcamp aus gut beheizten, isolierten und komplett ausgestatteten Ger-Jurten in den abgelegenen Bergen des Altai erst vor wenigen Jahren aufgebaut wurde, nachdem wir lange als Kundschafter unterwegs waren und schließlich einen strategisch günstigen Ort für unser Basislager finden konnten.


Wandern und Angeln im Hohen Altai gehört im Nationalpark dieser wilden und urwüchsigen Landschaft zu einem atemberaubenden Naturerlebnis, bei dem man nur einheimischen Nomaden und ihren Herden entlang der Flüsse begegnet. Wir sind weit gewandert und geritten und haben ausgedehnt gefischt, um herauszufinden, wo und wie diesen großen Mongolischen Äschen am besten "aufgelauert" wird. Unsere eigenen Erfahrungen führten schließlich zu der klaren Einsicht, dass der früheste Aufgang der Angelsaison, wenn diese fantastischen Fische zum Laichen in einige der schnellfließenden Flüsse hinaufziehen, dem abenteuerlichen Sportsmann die besten Möglichkeiten beim Fliegenfischen eröffnen. Aus diesem Grunde ist unser Altai-Camp auch nur für 2 Wochen im Juni in Betrieb für produktives Sportangeln an den verschiedenen Flüssen der Region. Während diese Äschen praktisch unbefischbar bleiben auf eine sportliche Weise, wenn sie etwas später wieder in ihre großen und sehr tiefen Seen zurückgekehrt sind.


Die verschiedenen Äschen-Arten in der Mongolei bieten einen bunten, gemischten Fang für den leidenschaftlichen Fliegenfischer, der sich auf das hochentwickelte Befischen von Äschen spezialisiert hat. Neben dieser seltenen und einzigen Gelegenheit auf die große Mongolische Äsche, angeln wir auch ganz gewöhnlich auf die weit häufigere und elegante Sibirische Baikal-Äsche mit bis zu 60 cm Länge und z.B. mit der Methode der Tschechischen Nymphe, und dann weiter auf die prächtige Gelbschwanz-Äsche mit der Trockenfliege an unseren komfortablen Blockhütten- Hauptlagern und an legendären Taimen Flüssen quer durch die ganzen nördlichen Provinzen. Ein geübter Fliegenfischer kann einen Tagesfang von 40 guten Äschen leicht überbieten, mit einer Durchschnittslänge von 45-50 cm und einigen Exemplaren, die sehr viel größer werden. An unseren Camps am tiefen und klaren Khovsgol See im Norden, dem Heiligen See der Mongolen, und am magischen Onon Fluss im Osten, kann der spezialisierte Fliegenfischer und Naturforscher seine Sammlung an allen Unterarten der mongolischen Äschen komplett vervollständigen.


Foto links: 
Eine prachtvoll gefärbte Gelbschwanz-Äsche aus dem Shishkid, direkt an 
der Mongolisch - Sibirischen Landesgrenze, Wildnis-Camp Chanagai, 2010.
Für die zartbesaiteten Ästheten unter uns, die keinen abgeschlagenen Wildfisch sehen können und vermutlich auch nicht mehr wissen, wie einer schmeckt. Dieses Bild ist in geringer Auflösung für die Internet- Veröffentlichung, 
es erhebt keinen professionellen Anspruch und ist einfach nur zum Betrachten 
für Fliegenfischer- Kollegen gedacht.

Der Altai-Osman ist ein weiterer bemerkenswerter Fisch der unberührten Gewässer in den hohen Altai Bergen, und bietet ebenfalls großartigen Angelsport als eine endemische Form, die nur hier in diesen atemberaubend wilden Flüssen und Seen vorkommt. Wissenschaftlich klassifiziert als „Oreoleuciscus potanini Kessler“ ist dies die Raubfisch-Unterart eines großen und schweren Fisches, der bis zu 115 cm Länge und etwa 15 kg Gewicht erreicht und vermutlich mit unseren räuberischen Rapfen entfernt verwandt ist. Bisher haben wir Exemplare von 92 cm und bis zu 10 kg selbst fangen können. Diese starken Fische sind von einem sehr ausgeprägten und beinahe prähistorischen Charakter, kommen recht häufig in den gleichen Gewässern vor wie die große Mongolische Äsche und liefern einen äußerst aufregenden Drill mit leichterem Gerät. Sein Fleisch ist schmackhaft und der Osman ist ein wichtiger Speisefisch der einheimischen Nomaden und wird für den Winter luftgetrocknet.


Auf abwechslungsreichen Angeltouren fischen wir sehr gerne für 1 volle Woche auf die Baikal Äsche und die große Mongolische Äsche mit Nymphen im Altai, wobei auch der starke Osman gezielt mit Streamern befischt wird. Danach fliegen wir für 1 weitere volle Woche in eines unserer Camps im entfernten Norden der Mongolei, um noch auf die reizvolle Gelbschwanz-Äsche mit der Trockenfliege und auf die bunte Lenok-Forelle mit Nassfliegen zu angeln. Dieser Aufgang der Angelsaison im Juni ist auch die beste Jahreszeit, um den riesenhaften Taimen-Huchen mit klassischen Fliegen und Nymphen und Streamern zu bejagen, und nicht nur mit großen Lure-Ködern in der Herbstsaison.

Fliegenfischer-Ausrüstung für den Altai wäre eine kräftige 9 ½‘ oder 10‘ Fuß Fliegenrute der Klasse 7 und damit eine sehr gute Wahl für diese Art von Wildnis-Angeln, während eine lange 11‘ Fuß einhändige Rute der Klasse 7/8 das vielseitige Arbeitspferd wäre für das Fliegenfischen in den hohen Altai Bergen der Mongolei. Schwimmschnüre mit  intermedialer oder sinkender Spitze werden eingesetzt für das Angeln mit großen Streamern, und lange Vorfächer mit kräftigem Tippet-Material für die Methode der Tschechischen Nymphe mit beschwerten Mustern. Die erfolgreichsten Fliegen werden immer von unserem Angelführer und Fliegenbinder im Camp vorgestellt. Eine moderne Switch Fliegenrute in der Länge 10‘ oder 11‘ Fuß, kann auch hervorragend für Roll– und Speywürfe verwendet werden, von der rechten oder linken Schulter gleichermaßen, wie es die Wind –und Strömungssituation am Wasser gerade erfordern mag. Eine solche Rute wird nicht nur weit müheloser für lange Würfe eingesetzt als jede einhändige Rute, sie hilft dem reisenden Fliegenfischer auch, sein Handgelenk und die Schulter zu schonen während mehrerer Tage ernsthaften Angelns. Eine lebhafte #6er Switch Rute wird in ganz vortrefflicher Weise bei leichten Angeltechniken an der Oberfläche der kristallklaren Flüsse mit Gelbschwanz-Äschen zum Zuge kommen, während eine kräftige #8er Switch Rute genau das richtige Kaliber für den dinosaurierhaften Altai Osman und für heranwachsende Taimen Huchen bis etwa 120 cm Länge sein wird, und letztendlich wird wieder eine gute #7er Switch Rute mit viel Rückgrat vermutlich die beste Universalrute darstellen für die große Mongolische Äsche und ihre ganze noble Verwandtschaft aus der Salmoniden Familie. 
Ihr Jan Haman  -  CORCON Craft

Zum Autor
Jan Haman, Jahrgang 1961, ist deutscher Fliegenfischer und Angelführer, er versteht sich als Naturguide, Kundschafter und Reiseführer für die Mongolei und zahlreiche weitere Länder, welche er seit über 30 Jahren selbst bereist und deren verschiedenste Gewässer befischt hat. Mit seinem Reiseunternehmen - CORCON Craft - gibt er seine langjährigen Erfahrungen an seine Angelreisegäste weiter, die ihre Fischerträume erfüllen möchten... Auf seiner Website können sich Interessenten über alle Aktivitäten informieren, Kontakt mit dem Autor aufnehmen oder sich auch ihre Reise zusammenstellen lassen und diese buchen. 
Wir freuen uns, Jan Haman als Autor fürs Fliegenfischer-Forum gewonnen zu haben. In den nächsten Monaten wird er hier eine ganze Reihe von hochqualitativen Reisebeiträgen veröffentlichen, viele davon exklusiv für's Fliegenfischer-Forum! (die Red.)
Leser-Service:
Hier finden Sie eine Landkarte zum Thema Mongolei / Mongolischer Altai (Klick)
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Ein Bericht von Jan Haman für www.fliegenfischer-forum.de - Oktober 2011. Fotos ©: Jan Haman und Angelgäste, 2010, 2011.
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