Bei einem Freund zu Besuch. Eine Reise nach Neuengland im Sommer 2008
von Florian Baumann aka hare's ear
Ich hasse es mit Menschen zu fischen, über die ich mich ärgere. Manche sind beuteneidisch, andere trampeln dort, wo ich gerade fische oder schlagen Fische ab, die besser im Wasser geblieben wären. Seit 29 Jahren bin ich mit der Fliegenrute unterwegs und fische mittlerweile lieber allein, als in dieser Hinsicht einen Kompromiss zu machen. Ein paar Fliegenfischer kenne ich allerdings schon, mit denen ich gerne zusammen fische.
Einer davon ist mein Freund Donnie. Wir haben uns kennengelernt, als ich von 1997 bis 1999 in Massachusetts gearbeitet habe. Ich habe ihn dann 2001 noch einmal besucht, um in Maine auf Binnenlachse zu fischen und seitdem telefonieren wir im Wesentlichen miteinander.
Letztes Jahr hatte er einen kleinen Herzinfarkt und eine OP an der Schulter seines Rutenarms. Mir wurde daraufhin klar, dass wir vielleicht nicht mehr unbegrenzt viel Zeit haben würden, zusammen eine Leine zu wässern. Wir fingen also Ende 2007 ernsthaft an, uns über ein paar Tage Fischen in Neuengland zu unterhalten. Es war von vorneherein klar, dass mich meine Tochter Sara (8 Jahre) begleiten würde. Sie ist die einzige in der Familie, die sich außer mir für's Fischen interessiert und außerdem war sie auch noch nie in den USA.
Durch diese Vorgabe lag auch fest, dass der Besuch in den Schulferien statt finden würde und damit außerhalb der besten Zeiten für die beiden Fischereien, die ich mit Donnie zusammen fischen wollte.
Ziel war zum Einen die Fischerei auf Brookies und landlocked Salmon in Maine und zum Anderen die Salzwasserfischerei an der Küste Massachusettes auf Stripe Bass und Bluefish. 
Für Maine wäre die Zeit nach „Ice Out“, also Ende Mai am Besten, die Salzwasserfischerei in Mass ist Ende September Anfang Oktober Top, aber dazu später mehr.
Das Abenteuer begann mit einigen Hindernissen. Der Streik des Lufthansa Bodenpersonals war gerade in vollem Gange, ich hatte ein paar Termine in London und mein Rückflug nach Hause und der Abflug von Bremen nach Frankfurt lagen gerade einmal 12 Stunden auseinander. Aber dieser Teil klappte dann und Sara und ich saßen glücklich im Zubringerflug von Bremen nach Frankfurt, Sara bekam auch in Frankfurt eine Bordkarte für die Verbindung nach Montreal mit Air Canada. Danach gingen allerdings ein paar Dinge schief. Durch den Streik gab es kein warmes Essen auf dem Langstreckenflug und in Montreal wurde unser Flug nach Boston gestrichen. Auf der späteren Maschine waren wir nur auf der Warteliste. Was für uns Erwachsene sicher ärgerlich ist, war für meine Tochter sicher noch schwieriger, aber sie schaffte es trotzdem, auf dem Flughafen von Montreal zu schlafen. 
Abflugbereich Frankfurt Jet Lag - Schlaf In Montreal
Wir haben dann in letzter Minute unsere Bordpässe für den Flug nach Boston erhalten und kamen, selbstverständlich ohne Gepäck, dort an. Es dauerte insgesamt drei Tage bevor Air Canada unser Gepäck beisammen hatte. Das war mit viel Ärger, Telefonieren und Druck ausüben verbunden. 
Das Abholen durch Donnie funktionierte reibungslos und am nächsten Morgen bestaunte Sara den Truck und das Boot fürs Salzwasserfischen. Es handelt sich um ein 17 Fuß Boot mit 90 PS Außenborder, eine für den Atlantik um Gloucester durchaus geeignete Kombination.
 

Boot und Truck vor dem „Stadthaus“

Donnie wohnt in Gloucester, Ma, ca. eine ¾ Stunde nördlich von Boston. Er hat ein Stadthaus, ein Strandhaus (leider während unseres Aufenthaltes vermietet) und eine Jagd- und Angelhütte in Farmington Maine.
In der Zeit, die Air Canada fürs Gepäck brauchte, haben wir ein paar Einkaufstouren in die umliegenden Jagd- und Outdoorläden unternommen. 
Das Boot kam auch zum Einsatz. Da die Striper im Salzwasser leider zu tief  für die Fliege standen, erst einmal mit Schleppgerät. Zwei Bluefish in zwei Tagen war die magere Ausbeute.
Sara wurde bei einem unserer Ausflüge zu allem Überfluss auch noch seekrank. Die Polizei-Kontrollen rund um das Boot und die Fischerei sind durchaus ernst zu nehmen. Einmal sind wir von der Gloucester Police auf Bootssicherheit und einmal von der Environmental Police (Umweltschutz-Polizei oder auch Greenies - wegen ihrer Uniformfarbe) auf Einhaltung der Mindestmaße und des Fanglimits kontrolliert worden. Der Greenie ist dann in einem anderen Boot fündig geworden. Dort waren Hummer an Bord aber leider keine Lizenz, Strafe ca. 1200$ für 6 Hummer...

Sara und Donnie beim Auslaufen
Unten: Saras Schlafplatz beim Schleppen
Bluefish am Blinker

Unsere Versuche auf Stripe Bass in den von der Tide beeinflussten Flüssen und der Küste in Gloucester blieben leider erfolglos. Einige Angler in der Gegend fingen Fische mit lebenden Köderfisch auf 40 m Tiefe, da kann man mit der Fliege schlecht hin und die Striper hatten wohl die Flüsse erst einmal verlassen. 
Leider hatten wir durch den Gepäck-Ärger eine Menge Zeit verloren, aber dann ging es doch nach einer Woche nach Maine. Die Fischerei ist dort Ende Mai Anfang Juni wesentlich besser als im August. 
Es gibt sowohl Flussfischerei, als auch Seen und „Trout Ponds“. Den Unterschied zwischen Pond und See konnte mir niemand vernünftig erklären. Es gibt Ponds, die 2 Meilen lang und über 30 m tief sind. Für das Stillwasser sind Boot, Kanu oder Belly Boat erforderlich. Wenn man so einen Trip plant lohnt es sich aus diesem Grund, sich zumindest um ein Miet-Kanu zu kümmern. 
Sara hatte für diesen Teil des Trips Watstiefel bekommen (es gab auch Wathosen mit ihrer Schuhgröße, die hätten wir aber über dem Kopf verknoten können) und stolz hat sie die auch gleich ausprobiert. Angefischt haben wir in Maine in der Umgebung von Rangeley. Hier gibt es landocked Salmon, einen Lachsbestand, der in der letzten Eiszeit vom Salzwasser getrennt wurde und jetzt in Maine in den Seen und Flüssen lebt. Sie sind einen Hauch größer als Forellen. Ausserdem gibt es in der Gegend Brookies (Bachsaiblinge). 
Im Rangeley River interessierten sich allerdings nur einige Shiner für unsere Streamer. Shiner gehören zu den Cypriniden und die Riesen sind so um die 25 cm. Auch viel kleinere Fische inhalieren ohne Probleme einen 6er Streamer.

Donnie am Rangeley River
<= Sara mit Watstiefeln am 
Rangeley River
Unten: im Steep Bank Pool 

Also Wechsel der Stelle zum „steep bank pool“ am Kennebago River. Die Stelle ist noch recht gut erreichbar, landschaftlich wunderschön und Donnie fing einen Binnenlachs. 
Die Flüsse um Rangeley waren wegen des Regens sehr hoch. 

Donnie hatte noch einen Platz im Kopf und startete eine seiner berüchtigten Fahrten über die „Logging Roads“. Diese „Strassen“ wurden von den Holzfirmen angelegt, sind lausig schlecht und wenn Holz geschlagen wird, erfordern sie eine Menge Aufmerksamkeit, wenn man nicht von einem der Sattelschlepper, die diese Strassen als ihr Territorium betrachten, überrollt werden will. Den Platz haben wir leider nicht gefunden. Ein wenig frustriert traten wir den Rückweg ins Camp an.

Ein neuer Tag ein neues Glück. Diesmal wollten wir einen der „ponds“ der Gegend mit dem Boot befischen. Ziel waren Brookies. Nach ca. 2 h Fliegenschleppen an der Sinkschnur ohne einen Biss brachen wir den Versuch ab. Das Schleppen der Fliegen hat eine lange Tradition in Maine. Angeblich sollen schon die Indianer Streamer hinter ihren Kanus hergezogen haben. Streamer wie der Grey Ghost oder der 3/9 sind zu diesem Zweck erbunden worden.
Auf dem Weg zurück ins Camp haben wir dann noch einen anderen Pond ausgekundschaftet. Der lag auch tief im Wald, war nur mit dem Truck zugänglich und nur mt dem Belly Boat oder Kanu zu fischen. Wir haben dann mit Sara vereinbart, dass Donnie und ich diesen Teich mit dem Belly Boat früh morgens fischen würden, während sie ausschlafen durfte.
Der McIntire Pond (Fotos unten) war wirklich malerisch im ersten Licht. Die geliehenen Flossen lausig, und die Fische nahmen von der Obefäche, allerdings nicht meine Fliege. Auffällig waren die vielen Kaulquappen. Donnie fing einen fetten Bachsaibling und ich blieb ohne Fisch.


Sara fischt am Kennebeck... Darf den Fisch landen...
Den Tag haben wir dann am Tailwater eines der Dämme des Kennebeck Rivers verbracht. Warnschilder wiesen Angler auf den Schwellbetrieb des Dammes hin. Ca. 15 Minuten nach Ertönen eines Sirenen Tons musste man aus dem Wasser sein. 
Auch dieser Fluss war hoch und Saras Bewegungsfreiheit mit den Watstiefeln recht eingeschränkt. Wir fanden eine Kiesbank, auf der sie neben mir stehen konnte und fingen recht schnell einen Lachs. Sie durfte ihn drillen und war natürlich sehr stolz.
Dann fingen Fische an zu steigen und ich habe wohl einem Smallmouth Bass die Trockenfliege aus dem Maul gezogen. Mittag haben wir in einem Diner in Moskau, Maine, gegessen, in dem Wathosen als Garderobe kein Problem dar stellten.

Ein Binnenlachs...

Der Damm des Kennebeck Rivers bei Moskau, Maine
Auf dem Rückweg haben wir an einem Pond gehalten in den jemand, sehr zum Ärger der Fliegenfischer der Gegend „Sunfish“ (Sonnen Barsche) eingeführt hat. Diese Fische nehmen so ziemlich Alles was sich im Wasser bewegt. Ideale Fische also um Kinder ans Fliegenfischen heranzuführen. Seit diesem Nachmittag darf Sara sich „Queen of Sunfish“ nennen. 



 

Die „Queen of Sunfish“

Den Deal mit dem Pond und Sara haben wir am nächsten Morgen wiederholt. Diesmal fischte ich eine Goldkopfnymphe in schwarz mit einem Marabouschwänzchen und habe tatsächlich einen der Brookies gefangen. Der Teich ist mit einem 16 Zoll Mindestmass versehen, das selten erreicht wird, die Fische sind dadurch sehr heikel. 
 

McIntire Pond die Zweite 
Der Nebel kam innerhalb von Minuten
Die Brookie... und der steinige Weg dahin, Allrad ist Pflicht !
Während Donnie das Camp aufräumte, durfte Sara sich einen Nachschlag Sunfish-Fischen holen. 

Nach dem Rückweg nach Gloucester haben wir weitere Versuche im Salzwasser unternommen. Am Nachmittag eines dieser Ausflüge stießen wir auf eine dichtere Konzentration Bluefish, die dicht unter der Oberfläche jagten. Endlich gelang es mir, Bluefish auf die Fliege zu fangen. Die Bluefish waren 4-6 lbs und rissen die Schnur von der Rolle, als wären sie mit Anabolika gedopt. Also schön die Finger von der Kurbel lassen, wenn man keine blutigen Knöchel haben möchte. 

Leider muss auch der schönste Urlaub einmal vorüber gehen. Als Fazit bleibt, es könnte das letzte Mal gewesen sein, dass ich mit Donnie fischen durfte, meine Tochter Sara hat einen tollen Urlaub mit mir verlebt. Neben der Fischerei hat sie eine Menge über Amerika mitbekommen, wir waren gemeinsam Wale beobachten, in Boston im Aquarium und im Kindermuseum, haben den Red Sox im Fernsehen zugesehen und es uns auch sonst gut gehen lassen. 
Ich finde das wiegt die nicht optimale Fischerei bei Weitem auf.
 

Sara drillt mit Donnie

 
Blue an der Fliege Hammond Castle, Gloucester

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