Sehnsucht Patagonien
Teil 3/3: Zurück in Argentinien und 2x bis nach Feuerland, bitte...
Ein Reisebericht von Jupp Carda
(Fortsetzung von "Sehnsucht Patagonien", Teil 1 und Teil 2 <= findest Du hier.)

Die Fahrt zur Grenze war auch mega. Nachdem die Strecke kurz vor Cochrane den Rio Baker verlässt, führt sie durch den National Park Patagonia und so langsam stellt sich auch die karge Landschaft des Südens ein. Wir waren hin und weg und auch für mich war es mal wieder ein Stück Neuland. Nun sollte es ein letztes mal auf die andere Seite der Anden gehen.

Da dieser Grenzübergang so abgelegen ist, muss man sich vorher anmelden, denn dort oben gibt’s kein Internet. Sämtliche An- und Abfragen für die man welches benötigt, müssen vorher erledigt werden, sonst wird man zurück geschickt. Am Posten selbst wird dann alles per Hand übertragen und später ins System eingespeist.

Die 80 Kilometer auf der argentinschen Seite bis zur „Autobahn“ waren nicht weniger schön. Jedes Stückchen weiter verändert sich die Wüste und man muss alle paar Meter anhalten um endlos viele Fotos zu schießen. Auf der Ruta 40 angekommen, hieß es dann Strecke machen. Viel mehr bleibt einem da aber auch nicht übrig, denn die nächsten 600 Kilometer hat sich kaum ein Blick verändert. Endlose Pampa und erbarmungsloser Wind. Da kommt man auch schon mal ins Schwitzen, wenn man den steigenden Verbrauch und die noch zu fahrenden Kilometer bis zu nächsten Tankstelle zusammen fügt. Aber es ging alles gut und nach einer sehr windigen Nacht im freien Feld erreichten wir El Calafate, dem Ausgangspunkt zum Perito Moreno Gletscher. Erstmal stand allerdings eine heiße Dusche an, die erste seit der Autoübergabe. Oh Mann tat das gut!






Nationalpark Patagonia und ein „sehr streng bewachter“ Grenzübergang
Selbst in diesem kleinen Rinnsal hab ich Fische gesichtet






Zurück in Argentinien
Hier gabs keinen Diesel mehr, nur noch Benzin

Nette Abwechslung am sonst kargen Horizont
Hier herrschten einst mal bessere Zeiten
Keine Bushaltestelle, sondern eine (oft genutzte) Schutzütte für Radfahrer
Die nächsten Tage waren ziemlich geil, auch wenn nicht mehr großartig geangelt wurde. Den Gletscher kannte ich ja schon, aber dieses Donnern und Knacken, wenn er sich langsam Richtung Largo Argentina schiebt und dabei hin und wieder den ein oder anderen Eisberg frei gibt, ist auch beim zweiten Mal nicht weniger beeindruckend. Bis 2020 war er einer der wenigen Gletscher, die den Klimawandel erfolgreich ignorieren konnten. Nun zieht er sich nach über 100 Jahren des Gleichstandes ebenso langsam in die Berge zurück.

Nach einer kurzen Nacht am Rio Santa Cruz, wo ich natürlich auch liebend gerne geangelt hätte, fuhren wir weiter steil nach Süden. Nun sollte auch der nicht-fischende Teil ihre Erwartungen an die Reise erfüllt bekommen. Wir überquerten ein letztes Mal die Grenze und schon aus der Ferne konnten wir das imposante Granitmassiv der Cordillera del Peine bestaunen. Da wir gut durchgekommen sind, waren wir am Nachmittag schon ein wenig schnuppern. Schlafen mussten wir leider außerhalb des Nationalparks, aber am Ufer des Rio Serrano hatten wir besten Ausblick auf die kommenden zwei Tage.

Ich hatte mich noch mal schick gemacht, aber nach wenigen Würfen festgestellt, dass es sich irgendwie falsch anfühlt. Nun war meine Frau an der Reihe und die letzten Tage wollten ja auch noch besprochen werden.

Am nächsten Tag stand dann die große Völkerwanderung  an. Massentourismus vom Feinsten, aber um fair zu bleiben – wir waren ja auch einTeil davon. Die Wanderung zu den drei Türmen war recht anstrengend. Zum einen wegen der knapp 800 m, die auf 10km Wegstrecke ansteigen, aber auch wegen dem starken Ansturm  der ganzen Menschen. Stop and Go vorprogramiert und ständiger Begleiter. Aber es hat auch einen guten Grund, warum all die Leute da hinpilgern. Der Park und auch speziell diese Wanderung sind schon sehr sehr schön.

Am Abend schlugen wir unser Lager wieder an den Ufern des Rio Serrano auf, um nächsten Tag noch mal für einen weiteren kleinen Ausflug hinein zu fahren. Viel mehr ließ unser Tank dann auch nicht mehr zu und so fuhren wir gegen Mittag weiter Richtung Feuerland. Jetzt ging es meiner Frau ähnlich wie mir, als wir die Region nördlich von Coyhaique verlassen haben. Etwas wehmütig verschwand das Massiv im Rückspiegel. 



Largo Argentina und Perito Moreno Gletscher







Wandern im Torres del Paine NP
Nachtquartier am Rio Serrano, hier am zweiten Morgen. Nicht nur die aufsteigende Lachse machen diesen Fluss äußert interessant.
Windstille? Hier nicht mal in der Skala aufgeführt!
Mittagspause auf der Baustelle
Ein letzter Blick vom Strand in Puerto Natales, dem Ausgangort für Tagestouristen in den Nationalpark
Ich wollte noch einen letzten Angelstop am Rio Rubénz einlegen, aber erstens führte er sehr wenig Wasser und zweitens kam er mir nach den ganzen riesigen Flüssen nur noch wie ein kleines Rinnsal vor. Außerdem hatte ich nicht bedacht, das Sonntag war und überall Lokals ihr Unwesen trieben. Nach genervtem Hin und Her haben wir kurz vorm Kippen der Stimmung aber doch noch ein schönes Fleckchen gefunden und ich konnte zumindest ein paar kleine Bachforellen zum Landgang überreden. Für den Abschluss und das, was mir in Erinnerung geblieben war, zwar etwas enttäuschend, aber naja. Manche Dinge sollte man eben nicht versuchen zu wiederholen. Abgesehen von der Fischerei wars dennoch ein besonders schöner Abstecher. Auch meine Frau war nach anfänglicher Skepsis von der mystischen Landschaft äußerst begeistert.

Dieses Pferd bekommt scheinbar besonders gutes Essen


Um und am Rio Rubénz


6 Jahre zuvor führte er deutlich mehr Wasser
Angesichts der spärlichen Aussichten verzichtete ich auf eine Morgenrunde und wir erreichten relativ früh die Fähre nach Feuerland. Die Auf-/Abfahrten sind etwas abenteuerlich, denn einen Anlegesteg sucht man hier vergebens. Während das Ding in den Wellen schaukelt, geht’s über eine Rampe direkt am Strand ins Boot. Auch was Neues...

Eigentlich hatten wir einen Tag als Puffer eingebaut, doch als wir nun sahen, wie entspannt die Crew das mit den Wellen alles sieht, entschieden wir uns die letzten 2 Nächte auf der Insel zu verbringen. 

Nicht weit entfernt sollte eine Kolonie von Pinguinen leben, doch ausgerechnet an diesem Tag hatte die in privater Hand geführte Betreuung ihre Türen geschlossen. Zwei nette Briten, die ebenfalls zur falschen Zeit am richtigen Ort waren, ließen uns einen Blick durch ihr Fernglas werfen und wir konnten uns zumindest aus der Ferne davon überzeugen, dass diese Vögel nicht nur in Fabeln existieren. 
 

Auf der Fahrt zur Fähre haben wir einen kleinen Umweg über Rio Verde eingeschlagen. Nette Strecke mit vielen Vögeln, u.a. einigen Kondoren 



Da bis hier hin diesmal wegtechnisch irgendwie alles am Schnürchen lief, hatten wir auf einmal mehr Zeit als Pläne. Eine Seite wurde wieder etwas wehmütig, aber dafür war ich diesmal entschlossener und fuhr uns noch ein Stück weiter durch die Pampa Feuerlands, an den Rio Grande. Also doch noch ein letztes Mal in der ersten Morgendämmerung aufstehen um den Salmoniden nachzustellen. Da wir bis auf einen erneuten Versuch bei den Pinguinen auch nicht viel mehr vor hatten, konnte ich ne Stunde mehr rausschlagen und so bin ich erstmal ein ganzes Stück gelaufen, um nicht immer nur da zu fischen, wo jeder gut rankommt. Tatsächlich war es dann doch gar nicht so einfach einen schönen Pool zu finden, wo Wind, Wasser und Sonnenstand es möglich gemacht haben, halbwegs vernünftig zu werfen - und auch zu treffen, aber an der allerletzten Stelle sollte es nochmal eine kleine Sternstunde geben. 

Ich hatte mich schon auf schneidern eingestellt, da erlöste mich eine kleine rot getupfte Schönheit. Glücklich und zufrieden darüber wollte ich mich schon auf den Heimweg begeben, risikierte aber doch noch ein paar Schwünge. Nach einem perfekten Wurf dachte ich nen Biss verspürt zu haben und als er mir ein zweites Mal gelang, hing sie. Mit einem eleganten Sprung schoss auch mein Puls in die Höhe. Diesmal hab ich mich komplett auf mein Vorfach verlassen und nach einem kräftigem Tauziehen konnt ich schließlich noch einen letzten schönen Goldbarren in meinen zittrigen Händen halten. Geilo! Was für ein Abschluss. Danach gings auch gleich zurück und ich konnte guter Dinge die Rute für den Rest der Reise in den Urlaub schicken.
 

Etwas eingerostet
Der Mond ist aufgegangen



Letzter Angelausflug am Rio Grande in Chile
Nun ging es leider so langsam aber sicher dem Ende entgegen. Auf dem Rückweg hielten wir noch mal bei den Pinguinen, dessen Kolonie heute für Besucher auch geöffnet war. Theoretisch hätte man sich vorher anmelden sollen, denn sie lassen immer nur eine kleine Zahl an Leuten gleichzeitig rein, damit die Tiere so wenig wie möglich gestört werden. Sehr löblich. Wir hatten auch mal wieder Glück und durften sie diesmal aus der Nähe beobachten.

Unsere letzte Nacht im Auto wollten wir kurz vor der Fähre am Strand, mit Aussicht auf die Magellanstraße verbringen. Die letzten Meter der Fahrt dahin waren etwas skuril. Verrostete Hütten und Autowracks, vorbei an einem Mienenfeld, aber hey. Andere waren vor uns ja auch schon dort und konnten davon berichten. Also was soll passieren?

Nachdem wir sicherlich tausende Guanackos gesehen haben, stellte sich irgendwann natürlich auch die Frage, wie die wohl schmecken. Ziemlich geil lautet die Antwort. Auch der Wein war mal wieder sehr lecker und gepaart mit den extra hohen Wellen am nächsten Morgen, war die Überfahrt zurück aufs Festland diesmal nicht ganz so lustig wie beim ersten Mal. Aber wir haben es natürlich heile nach Punta Arenas geschafft und auch die Rückgabe des Autos lief ohne Probleme ab. Ein deutsches Pärchen, welches gerade ihr neues Zuhause übernahm, fuhr uns dann noch zu unserem Hostel für die letzte (sehr kurze) Nacht. Witzigerweise war es dasselbe, in dem auch sie geschlafen hatten.

02 Uhr 30 klingelte dann der Wecker und der lange Rückweg nach Deutschland stand an. Nach 30h im Flieger sitzen und auf Anschlüsse warten, hielten wir - wie meistens - noch für eine Nacht bei einer meiner Schwester in Darmstadt, um am nächsten Tag ganz entspannt mit dem dort geparktem Auto wieder nach Hause zu fahren. 
 



Es gibt sie wirklich
Dumdidumdidum

Letzter Morgen im Freien, mit Blick auf die Magelanstraße

Die Fähre ruft
Es war auf jeden Fall eine unvergessliche Reise, auf deren 5000 Kilometern wir beide mit unseren Erwartungen alles andere als enttäuscht wurden. Ich finde in diesem Teil der Erde kann man den gemeinsamen Familienurlaub besonders gut mit dem schönsten Hobby der Welt verbinden. Erstklassige Gewässer gibt es quasi überall und um sich von dem nichtfischenden Teil mal kurz zurückzuziehen, bedarf es keinen großen Aufwand oder komplizierte Organisation. Fertigmachen und los. Auf der anderen Seite kann man aber auch ohne Nichtinfizierten den Tag im Flug vergehen lassen, ohne das Gefühl zu haben, etwas zu verpassen.

Klar wäre ich gerne auch etwas weiter abseits unterwegs gewesen, hätte die 3 Wochen auch nur der Fischerrei widmen können und hätte immer noch nicht genug, aber alles in allem wars ein perfekter Mix. Ich bin froh, dass ich (wie immer) nicht nur geangelt habe, denn die Landschaft ist einfach viel zu schön, um nicht auch auf anderen Wegen erkundet zu werden.

Gefischt hab ich meistens eine #6er mit Schwimmschnur und vor allem mit kurzer Keule. Die ist bei dem fast immer währenden starken Wind wirklich Gold wert. Man liest zwar viel und überall darüber, aber ich kann es auch nur noch einmal mehr betonen. Der Wind kann mitunter ganz schön nervig sein. Als ich 2020 das erste Mal auch eine Fliegenrute mit da Runter genommen hatte, bin ich voller Vorfreude an den Rio Simpson gestürmt. Endlich den Traum vom Fliegenfischen in Patagonien erfüllen!! Tja, nach 15 Minuten und hunderten Windknoten tauschte ich sie genervt gegen die Spinnrute und fragte mich, wie das hier überhaupt Spaß machen kann. Damals hatte ich keinen halben Sommer Übung und war noch ziemlich unerfahren, aber auch heute wars nicht immer einfach, die Fliege dahin zu befördern, wo sie landen soll. Wenn es dann aber klappt, ist es umso schöner.

Dafür dass ich selten viel Zeit hatte um große Entdeckungstouren zu starten und meistens an leicht zugänglichen Stellen fischte, bin ich mit meiner „Ausbeute“ auch rundum zufrieden. Der Angeldruck ist schon sehr hoch, fast immer ist irgendwo jemand am Angeln und gerade die Lokals gehen eher selten nur zum Spaß. Und auch wenn ich öfter gerne erstmal ein ganzes Stück gelaufen wäre, war es eine herrliche Fischerrei, die ich jedem nur ans Herz legen kann, wenn die Möglichkeiten bestehen. Vor allem in Chile, in den Regionen Los Largos und Aysen, kann man ein erstklassiges Gewässer nach dem anderen sehr gut auch auf eigene Faust erkunden. Es ist diese Art der Angelei, die mir mit Abstand die größte Freude beschert.
 

Bis zum nächsten Mal !

Das war Teil 3/3 dieses bildgewaltigen Traumreise-Abenteuers. Die ersten beiden Teile findest du hier:
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Ein Bericht von Jupp Carda für www.fliegenfischer-forum.de - August 2025. Fotos/Copyright: Jupp Carda. Das unerlaubte Kopieren und Verbreiten von Text- und Bildmaterial aus diesem Bericht ist verboten.
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