Klarwasserfischen

Fliegenwerfen - wie geht das eigentlich? Wie kann ich meine Leine effektiver ausbringen und Fehler ausmerzen? Was hat es mit den AFTMA-Klassen auf sich? Was sind Spezial- und Trickwürfe? Fragen über Fragen! Hier könnt Ihr Euch gegenseitig helfen.

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Harzangler

Klarwasserfischen

Beitrag von Harzangler »

Hallo Leute.

Bin gerade von einer lägeren Dienstreise zurück und natürlich sofort ans Wasser. Ich wollte mal unseren Vereinssee mit der Fliege abgehen. Am Wasser dann. GLASKLAR.

Was nun? Ich bin ja noch nicht so lange beim Fliegenfischen aber ich habe mal klare Schnüre gesehen. Sind die taktisch zu empfehlen oder taugen die nicht wirklich was? Habt Ihr Erfahrung damit?

Danke in die Runde.

Grüße
Frank
Franz Huber

Beitrag von Franz Huber »

also ich hatte bis jetzt noch nie probleme mit der schnurfarbe, ich habe derzeit neongelb was so richtig iins auge knallt. Also mit durchsichtigen hab ich bis jetzt noch nicht gefischt, aber eigentlich macht die schnurfarbe nichts aus! Weil du hast ja dein Vorfach dran, und der Fisch sieht ja in erster linie deine schnur nicht, auserdem: schau mal von unten gegen das licht eine schnur an die oben auf dem wasser liegt! ich glaube da sieht man eh nur einen schwarzen streifen, egal nun ob die schnur grün, gelb, blau oder klar ist.
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pehers
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Glasklar

Beitrag von pehers »

Auf was aufzupassen ist, ist mE nicht so sehr die Farbe der Schnur sondern die Gewichtsklasse sowie Art und Länge des Vorfachs.

1. Ich würde eine Schnurklasse (z.B.: AFTM 3) wählen, die die Fliegen gerade noch transportieren kann (bei schweren Streamern und Nymphen erübrigt sich dieses Problem) und mit den Bedingungen noch zurecht kommt (Wind...). Möglichst lange Ruten (10 - 11 ft.) fischen, denn man sollte

2. Das Vorfach so lange wie möglich (> 10 ft bzw > 3m) lassen, denn dann sieht der Fisch die Fliegenschnur im Optimalfall gar nicht (was man halt noch werfen kann).

3. Nur gezogene Vorfächer verwenden, da deren Scheuchwirkung nicht so groß wie die eines geflochtenen ist. Vielleicht entfetten, damit es auch beim Trockenfischen untergeht.

4. Aber eine gedeckte Farbe oder gar durchsichtige Schnur kann sicher nie schaden!

Pertri Heil & Tight Lines
Hans
Raguel

Beitrag von Raguel »

Ich glaube die Farbe ist egal (eigentlich bin ich mir sogar sicher).
Ich denke auch, dass der Kontrast der Schnur zum Himmel
einen wesentlicheren Faktor darstellt als der Kontrast zum Wasser.
Ausserdem: warum würden dann grelle Schnüre
überhaupt produziert werden. Wäre doch irgendwie gemein für
den Angler?

TLRaguel
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Harald aus LEV
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Beitrag von Harald aus LEV »

Hallo Frank,
meine Meinung ist, daß eine klare Schnur am See durchaus Sinn machen kann.
Wenn die Schnur auf der Wasseroberfläche aufliegt und besonders bei Sonneneinstrahlung, wird jede Schnur einen Schatten (Balken) ins Wasser werfen, egal welche Farbe Sie hat. Das kann man gut in ruhigen Flachwasserbereichen erkennen, insbesondere wenn das Wasser klar ist. Je flacher das Wasser ist, desto schärfer ist der Schatten zu sehen. Mit zunehmender Tiefe erscheint er breiter und weniger ausgeprägt.

Clearschnüre sind jedoch häufig als Intermediate ausgebildet. Das heißt sie schwimmen nicht auf der Wasseroberfläche, sondern darin, bzw. darunter.
Durch die Lichtbrechung der Oberfläche wirft die Schnur keinen Schatten mehr, da sie sich unter der Oberfläche befindet - das kann ein Physiker sicher genau erklären. Nun macht es schon einen Unterschied, ob die Schnur grell, dunkel oder klar ist. Nicht umsonst wurden seit jeher Sinkschnüre in dunklen Farben gehalten.
Im Fließwasser ist durch die meist bewegte Wasseroberfläche die "Balkenbildung" nicht so ausgeprägt, wie bei ruhigem Stillwasser. Allerdings würde ich hier bei klarem Wasser und Sonneneinfall vorsichtig sein und darauf achten, daß die Schnur (bzw. der Schatten) nicht "über" die Fische fällt.
@Raguel:
Ursprünglich wurde das Flifi ausschließlich in Fließgewässern angewendet. Um in turbulentem Wasser die Drift der Fliege (insbes. bei kleinsten Mustern) und vor allem, um das Flugverhalten der Schnur in der Luft während des Wurfes besser verfolgen zu können, werden die Schwimmschnüre in hellen Farben gefertigt.

Gruß Harald
Fliegenfischen - Der natürliche Weg
Raguel

Beitrag von Raguel »

Ja, ja, einige Mythen halten sich hartnäckig. Was wir sehen oder besser nicht sehen unterstellen wir auch dem Fisch. Aus zoologischer Sicht (Wahrnehmungstheorie) sind die genannten Annahmen sehr wackelig, werden aber gerne von Generation zu Generation weitergegeben. Aber auch ohne einschlägige Grundkenntnisse sind manche Annahmen als paradox zu erkennen (manchmal genügt schon dreimaliges lesen).

TLR...

P.S. Salmoniden haben übrigenbs nachweislich eine Schwäche im Gelb/Orange-Farbbereich, differenzieren aber sehr stark auf grün und braun. Ist irgenwie logisch, wenn man sich die potentiellen Opfer ansieht.
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Harald aus LEV
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Beitrag von Harald aus LEV »

Hey Raguel,
nun werde ´mal etwas konkreter und laß uns nicht dumm sterben.
Harald
Fliegenfischen - Der natürliche Weg
Raguel

Beitrag von Raguel »

OK. Will's mal ohne Längen versuchen:
Die Leistungsfähigkeit von Sinnesorganen sagt nichts über die Impulsinterpretation des wahrnehmenden Wesens aus. Die, beispielsweise für das Farbsehen eines Wesens zuständigen Zellen werden beim Heranwachsen geprägt (quasi programmiert) und sind eng mit den Umweltbedingungen verknüpft. Blau sehen können macht keinen Sinn, wenn im angestammten Milieu kein Blau vorkommt. Das Farbsehen wir daher über das Spektrum nicht gleichmäßig über die entsprechenden Zellen verteilt sondern weist Schwerpunktbereiche auf. Farben die wenig oder gar nicht vorkommen lösen auch keine Wahrnehmung aus. Salmoniden (wie gesagt) haben daher auch eine Schwäche im Orange/Gelb und Stärken im Braun/Grün. Es daher zu vermuten, dass so genannte Naturfarben besonders gut gesehen werden. Mit klaren Schnüren habe ich rein von der Überlegung her auch meine Pobleme, da eine Sichtbarkeit bzw. Unsichtbarkeit doch eher Glücksache ist. Eine optimale Unsichtbarkeit ist beim Brechungsverhalten des Wassers doch nur durch Festschrauben der Forelle und das exakte vorbeiführen der Schnur sichergestellt.
Weiterhin: das z.B. eine Forelle irgend einen Zusammenhang zwischen Fliege, Vorfach und Schnur herstellt ist zunächst eine kühne Annahme. Das Erkennen solcher Systeme funktioniert ja noch nicht mal bei Kleinkindern (siehe Antropromorphismus im Kleinkindalter) und beim Erwachsenen manchmal auch nicht. Wie oft hat uns die Gier (Fliege) die winzigen Detailles (Haken, Vorfach) übersehen lassen und uns zu dem Satz hinreissen lassen "das war doch vorher noch nicht da!"

Fazit: Das schöne am Fliegenfischen ist, es ist mit der Zeit reine Bauchsache.

P.S.1 Witzig! In einem entsprechenden schwed. Forum läuft derzeit eine ähnliche Diskussion. Allerdings nur über pflaumenblau und neongrün.
P.S.2 Beim Menschen ist das visuelle System so etwa erst mit dem 16. Lebensjahr fertig. Ein Plädoyer gegen einen vorzeitigen PKW-Führerschein!
Maggov
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Beitrag von Maggov »

Hallo Raguel,

klingt spannend. Ich habe zufälligerweise gerade "Die Forelle und die Fliege" gelesen. dort wurde auch das Thema Schnurfarbe und Sehvermögen der Forelle behandelt.

Der Autor / die Autorenbringen einen Einwand, der hier noch nicht erwähnt wurde. Eine Helle Schnurr reflektiert bei Leerwürfen Lich in das Wasser. Diese Lichblitze führen nach Meinung des Autors zu einem VErscheuchen vorsichtiger Fische. Weiterhin schreiben se dass Weiße Schnüre diesen Effekt am Stärksten produzieren.

Das Sehvermögen der Forelle haben sie im Buch auf den Faktor Licht und Lichtbrechung durch das Wasser reduziert. Ich finde das sehr plausibel, da Licht nun mal den einzigen limitierenden Faktor darstellt, den man biologisch null beeinflussen kann. Es wird dort auch auf das Farbsehvermögen von Forellen eingegangen - dazu schreib ich jetzt aber nix, da das zu lang wäre.

Wen das Thema interesssiert empfehle ich dieses Buch zum Schmökern.... ich habs für 16 Euronen gekauft. Wenn man sich überlegt, dass man für das gleiche Geld 2 x Fliegenfischen kriegt ... was solls ;)

Gruss

Maggov
Reflection is a broad deep and quiet pool into which the stream of an angler's thought opens out from time to time.
A. A. Lucas in Fishing and Thinking, 1959
Timo

Beitrag von Timo »

@maggov
wobei die Autoren darauf aufmerksam machen, dass völlige Klarheit über die Sichtweise unseres Zeugs durch die Fische erst dann erreicht wird, wenn diese zu uns zu sprechen beginnen ;)

Gruß Timo
Raguel

Beitrag von Raguel »

@maggov/timo: ich meine das Buch hab ich auch noch irgendwo rumliegen. Erstauflage irgendwann in den Achtzigern. Hat mich seinerzeit wahnsinnig beeindruckt, da deren (Clark/Goddart) Beobachtungen sehr gewissenhaft beschrieben wurden und vieles, damals unbewiesenes, vorweggenommen haben. Oder verwechsle ich da was? Das waren doch die, die sich in die Badewanne gelegt haben um die Fliege aus der Forellenperspektive zu sehen?
Ja, timo, vielleicht würden dann die Forellen sagen: "Welche Schnur? Welche Fliege? Wenn da oben im Film eine Delle ist müssen wir automatisch hoch. Da können wir gar nichts gegen machen...!"

Wie dem auch sein. Der Dalai Lama hat heute Geburtstag. (Deshalb) Er schließt viele seiner Reden mit den Worten: So kann es sein, es kann aber auch ganz anders sein.

Glück auf
Ragi
Maggov
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Beitrag von Maggov »

jop! ... allerdings an anderer Stelle und nicht in dem Kontext, was sie bzgl. Sichtfenster und Spiegel schreiben... das sind physikalische Barrieren.

Gegen den dalai lama würde ich nie widersprechen, das ist mir zu politisch ;) ...

Gruss

Maggov
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Timo

Beitrag von Timo »

@maggov
Dir und nur Dir verrate ich mal was. Alle anderen bitte wegsehen!
Dieses Buch von JG und BC ist meine Bibel des Flugangelns. Es läßt sich so schön daran glauben, was die Zwei da niedergeschrieben haben. Allerdings bin ich schon in den Rubriken "Forellen entdecken" und "Steigzeichen" an erste Grenzen gestoßen. Denn:

1. Erstens habe ich nicht diese wunderbaren Gewässer zur Verfügung und
2. Wollen die lieben Fische, wenn ich schon malamWasser bin,niemals solche Steigzeichen zeigen:mad:

Trotzdem ein lesenwertes, auch im Sinne von (Sei human zum Fisch), Buch, welches ich immer wieder im Winter, in der fischereilichen Krisenzeit hereinziehe.

Insbesondere sind auch die Bindeanleitungen interessant. Im Sinne von "zurück zu den Wurzeln" bin ich häufig erstaunt, dass empfohlenen Materialien heute nicht mehr zu bekommen sind.

Letzt noch für den Harzangler:

Nimm einfach die Schnur, welche Dir gefällt! wurftechnisch und optisch

Du wirst damit fangen!

Petri heil!

Timo
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Harald aus LEV
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Beitrag von Harald aus LEV »

Hallo Raguel,
vielen Dank für die interessanten Ausführungen. Das hat mich etwas nachdenklich gemacht.
Das würde bedeuten, daß Forellen eine Schnur in gelb/rot im Wasser nicht erkennen würden? Warum werden dann Fliegen mit roten oder orangen Schwänzen gebunden? Ist wahrscheinlich aus der Historie gewachsen.
Ist es möglich, daß das Sehvermögen bei anderen Fischarten differiert? Man sagt Zandern doch nach, daß sie am Besten mit gelb/grün zu fangen sind.

Auf der anderen Seite bin ich mir nicht sicher, ob die Fische die Schnur nicht bemerken. Selbst wenn sie sie nicht sehen, werden sie sie über Ihr Seitenlinienorgen wahrnehmen können.
Fragen über Fragen...

Viele Grüsse von einem zum Nachdenken gebrachten
Harald
Fliegenfischen - Der natürliche Weg
Raguel

Beitrag von Raguel »

@Harald: Ehrlich gesagt sind das meinerseits nur Vermutungen bzw. Schlussfolgerungen. Dank Maggov und Timo habe ich mir mit dem Werk von Goddart und Clarke die Nacht um die Ohren gehauen (ich habs tatsächlich noch im Keller gefunden .. dazu muss man wissen, dass ich eigentlich nichts aufhebe). Auch da, wie angenehm, behaupten die Autoren nichts, sie vermuten nur. Timo hat das Fazit in seinem letzen Thread getroffen ("Nimm einfach die Schnur ..."). Mit der Farbe ist das so eine Sache. Wie sagt man so schön: die Dinge sind nicht so, wie sie scheinen. Auch mein Ding mit der Orange/Gelb-Schwäche ist so eine Sache. Es ist experimentell schwer nachzuweisen ob die Forelle diese Farben schlecht oder gar nicht sieht bzw. diese Farbe ihr einfach am A**** vorbei geht. Richtig, wir müssten die Fische befragen. Das geht leider nicht. Aber Menschen können wir befragen. Z.B. Können die Inuit nicht grün und blau unterscheiden, was nicht automatisch heißt, dass sie diese Farben nicht sehen. Da wir ja alle an gegebene Lebensbedingungen angepasste Wesen sind ist dann wohl auch anzunehmen, das Farbstärken bei den Fischen wohl auch differieren. Ich glaube, dass man das über die Beute ableiten kann. Ich vermute sogar, dass es Verschiebungen innerhalb einer Art gibt. Je nachdem durch welchen Gewässertyp bspw. ein Forellenstamm geprägt wurde.

Richtig Harald, Fragen über Fragen ...

Aber ist das nicht eigentlich wunderbar, dass wir FliFi mit wachsender Erfahrung uns den Geheimnissen nur nähern können und kein Angeltag vorhersehbar ist?

Petri Raguel

P.S. Mit zunehmender Wassertiefe gehen die Farben "verloren" ob in 4 Meter Tiefe ein Zander Gelb oder nur hell sieht, ich weiss es nicht!?
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