Wurf-Anfänger Fragen....

Fliegenwerfen - wie geht das eigentlich? Wie kann ich meine Leine effektiver ausbringen und Fehler ausmerzen? Was hat es mit den AFTMA-Klassen auf sich? Was sind Spezial- und Trickwürfe? Fragen über Fragen! Hier könnt Ihr Euch gegenseitig helfen.

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niclodemus
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Wurf-Anfänger Fragen....

Beitrag von niclodemus »

Hallo Leute,

nachdem ich nun mehr seit dreißig Jahren alle übrigen Arten des Fischens gepflegt und auch so manchen schönen Fisch gefangen habe, möchte ich nun mit dem Fliegenfischen beginnen. Da der Versuch kläglich scheiterte, hier in der Nähe von MD eine kleine Anfängergruppe zusammen zu stellen, habe ich mit Hilfe von Büchern und Videos nun selbst angefangen zu üben. Heute war ich das vierte Mal auf der Wiese und es wird auch langsam, nach meinem Gefühl. Trotzdem ergeben sich nun ein paar Fragen. Vielleicht hat der eine oder die andere ja Lust, sie mir zu beantworten.

1. Mir ist aufgefallen, dass wenn ich den "Überkopfwurf" statt fast senkrecht - mehr seitlich (ca. 45 Grad versetzt) ausführe, die Kraft von der Rute in die Schnur bedeutend besser abgegeben wird und das Wurfbild auch bedeutend besser aussieht. Ist dies für spätere Würfe schädlich so, seitlich, zu werfen??
2. Welche Länge konntet ihr als Anfänger sauber in der Luft halten und auch sauber ablegen? Und wieviel ist es bei den Profis?
3. Spielt eigentlich die Temperatur (heute waren ca. 3 Grad) für die Wurfeigenschft der Schnur eine große Rolle?
4. Ist der Unterschied zwischen zwei Schnurklassen (z.B. sieben oder acht) wirklich signifikant? Manche sagen ja, dass der Anfänger (also ich) durchaus eine Schnurklasse höher als die Rute nehmen sollte. Und - macht sich eine Schnurklasse auf der Rolle deutlich bemerkbar?

Ich weiß, es sind viele Fragen. Trotzdem, es wär lieb!

Gruß André
...sorry, ich bin Anfänger!
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hechtmichel
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Beitrag von hechtmichel »

Hallo André,
ich versuche jetzt mal kurz und sachlich deine Fragen zu beantworten:
Zu 1.: Es ist mir, zumindest mal von hier aus, unverständlich wie die Kraft der Rute besser in die Schnur übertragen wird, als wenn du senkrecht wirfst.
Nur wird es später sicher hinderlich werden.
Nur mal als Beispiel beim Distanzwerfen wird die Schnur nicht so weit rausfliegen, als wenn du senkrecht wirfst, da ganz einfach die Schnur schneller am Boden ist.
Zu 2.: Also ganz am Anfang konnte ich vielleicht 8m oder so in der Luft halten, und beim Ablegen vielleicht 10, aber daran kann ich mich nicht mehr so genau erinnern.
Das ging dann aber ziemlich schnell hoch, schon damals waren wir oft beim üben.
Als dann der Doppelzug saß, waren da schnell ein paar Meter mehr drin.
Ich will nicht sagen, dass ich der Profi bin, werden wahrscheinlich nicht viele von sich sagen können, aber ich denke, ich kann jetzt 20-24m in der Luft halten und rauswerfen gute 30, zumindest manchmal.
Zu 3.: Die Temperatur spielt bei der Schnur indirekt schon eine Rolle.
Viele Schnüre kringeln sich bei niedrigen Temperaturen ziemlich extrem, die sollte man dann vor dem Werfen gut strecken.
Aber das ist bei den neueren, hochwertigen Schnüren nicht mehr so der Fall.
Zu 4.: Als Anfänger würd ich auf jedenfall ne 5er nehmen. 1. weil ich meine, dass das Schnurgewicht dieser Klassen doch reicht wenn man die Schnür spüren will und 2. weil man die Klasse einfach immer brauchen kann.
5er ist einfach die beste Allroundklasse.
Ob der Unterschied jetzt unter den einzelnen Klassen z.B. 7 und 8 noch so extrem ist, hängt auch von den verschiedenen Modellen ab, die meisten Schnüre sind oft eine ganze Aftmaklasse über dem "Normalgewicht".

LG Michi
niclodemus
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Beitrag von niclodemus »

Hallo Michi,

danke für deine Antwort. Vielleicht wäre es ja wirklich besser einen Wurfkurs zu besuchen. Nur, hier in meiner Umgebeung scheinen die Coaches nicht so reich gesät zu sein. Vielleicht kennt ja jemand eine Schule in Sachsen-Anhalt (Brandenburg, Niedersachsen).
Als Rute habe ich mich bewusst für eine 7er entschieden, da ich ab und zu an der See zum Mefo-Angeln (Sbirolino) und auch in Norwegen bin. Mein Ziel ist es ja auch im April in Tregde (Südnorwegen) vieleicht die erste Mefo auf die Fliegenrute zu bekommen.

Gruß André
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Johannes Krämer
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Beitrag von Johannes Krämer »

..
Zuletzt geändert von Johannes Krämer am 09.09.2021, 08:55, insgesamt 1-mal geändert.
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Harald aus LEV
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Beitrag von Harald aus LEV »

Hallo André,

grundsätzlich würde ich Dir raten, jemanden in Deiner Umgebung zu suchen, der mit der Fliege fischt, und Dir helfen kann, oder besuche einen Kurs in Deiner Nähe. Da wird Dir einiges beigebracht und Du eignest Dir keine Fehler an, die Du später wieder ausmerzen mußt.
Ich glaube, auch wenn ich selbst Kurse gebe, kann ich dir diesen Tip geben, da Du räumlich zu weit von mir entfernt bist, als dass Du bei mir einen Kurs buchst.

Zu Deinen Fragen:
1. Grundsätzlich ist es egal, ob Du senkrecht, in 45 Grad oder waagerecht wirfst. Wichtig ist, dass der Arbeitswinkel der Rute immer gleich ist.
Die Rutenspitze muß eine gerade Linie bilden, während des Wurfes, keinen Bogen nach oben oder zur Seite. Die Beschleunigung muß dynamisch sein, d.h. zum Ende der Bewegung beschleunigt. Warte nach dem Stop, bis die Leine gestreckt ist, bevor Du mit der Gegenbewegung beginnst.
Wie gesagt, schwierig schriftlich zu erklären. Schau bei anderen zu, frage in der Praxis und übe. Erfühle den Wurfablauf.

2. Achte nicht auf die Länge der Schnur. Achte auf den Wurfrhytmus und die Abläufe. Die Wurflänge steigert sich automatisch, wenn die Technik stimmt. Und vor allem, fange nicht mit Doppelzug o.ä. an, bevor der normale Wurfablauf nicht ordentlich sitzt.
Kleiner Tip. Mache Deine Wurfübungen ohne Fliege. Da dann kein Fisch beißen kann, wirst du auch nicht von den Bissen abgelenkt :-)

3. Wie Michel bereits schrieb, kann es sein, dass sich manche Schnüre stärker kringeln. Das ist überwiegend dann der Fall, wenn die Schnüre einen Monofilkern statt eines geflochtenen haben. Auch werden Schnüre bei Kälte etwas steifer.
Da ich jedoch davon ausgehe, dass Du keine Schnur wirfst, die für die Tropen bestimmt ist, dürfte sich das alles in erträglichen Grenzen halten.
Ich habe mit Freunden vor Wochen Wurfübungen bei deutlichen Minustemperaturen am Wasser gemacht. Die Ringe mußten häufig enteist werden. Wir hörten schließlich auf, weil wir uns im nahegelegen Café aufwärmen mußten und nicht weil die Schnüre zu steif wurden.
Ich habe heute ebenfalls einige Gerätetests am Wasser gemacht und vergleichende Ruten/Rollen/Schnüre geworfen. Diese Temparaturen machen dem Gerät nichts aus.

4. Natürlich gibt es einen Unterschied zwischen den einzelnen Schnurklassen. Schau Dir mal die AFTMA-Tabellen an. Auch wenn dies eher theoretische Werte sind und die Ruten unterschiedlich ausgelegt sind. Richtig ist die Schnur, die optimal zu Deiner Rute passt. Natürlich ist das schwer herauszufinden, wenn Du keine Vergleichmöglichkeiten hast.
Jedoch würde ich nicht grundsätzlich sagen, dass Einsteiger eine höhere Schnurklasse auf ihre Rute packen sollten. Anfangs, aber nur ganz am Anfang, wirst Du damit vielleicht etwas leichter fertig werden und vielleicht etwas weiter werfen können. Wenn sich jedoch Dein Wurfvermögen bessert, was schnell der Fall sein kann, kann es sein, dass Deine Rute bei längerer Schnur schnell überladen wird, und die Schnur im Wurf nicht kontrollieren kann. Ausserdem dürfte sie Schwierigkeiten bekommen eine größer Schnurlänge sauber vom Wasser abzuheben, besonder gegen die Strömung.
Deshalb würde ich die Schnurklasse verwenden, die für Deine Rute vorgesehen ist.

Ich hoffe, ich konnte Dir ein wenig helfen.

Gruß
Harald
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niclodemus
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Beitrag von niclodemus »

ersteinmal vielen Dank an alle die hier gepostet haben. Man, dies ist wirklich phänomenal.
@Harald: ja, Leverkusen ist wirklich ein wenig weit weg. Schade. Ich werde mir unbedingt jemanden aus der Nähe suchen. Trotzdem vielen Dank für die pragmatischen und kompetenten Tipps. Ich werde bei der #7 bleiben und kräftig weiter üben. :)

André
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übrigens...

Beitrag von niclodemus »

...heute war ein guter Tag. Ich war zwei Stunden auf der Wiese und trotz des Windes klappte es zum Schluss richtig gut. Selbst die Zugunterstützung hat funktioniert und die Schnur auf Speed gebracht.

Ich habe bewusst auch gegen den Wind und mit Seitenwind geworfen. Gegen den Wind ging ganz gut nur wenn der Wind von rechts kam (ich bin Rechtshänder) dann flog die Übungsfliege verdammt nah an meinem Gesicht vorbei . Gott sei Dank war ja kein Haken dran. da muss ich wohl noch weiter und weiter üben....

Gruß, André
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Peter Pan
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Beitrag von Peter Pan »

Hallo André,

wenn der Wind von der Rutenhand kommt solltest Du entweder die Rutenhand wechseln oder "backhand" werfen, also mit der rechten Hand über die linke Schulter. Die Hand stoppt dann vor Deinem Gesicht. Klappt recht gut, wenn man es mal gezeigt bekommt.

Gruß,

Peter
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Beitrag von Matthias B. »

Hallo,
und wieder was wichtiges gelernt. Auch wenn ich nicht der Fragesteller war, habe ich mit den gleichen Problemen zu kämpfen(Wind aus Rutenhandrichtung). Bin selber nicht auf die Idee gekommen, mal auf der "anderen Seite" zu werfen. Vielen Dank für die Erklärung Peter :wink:

Gruß vom Niederrhein

Matthias
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Beitrag von niclodemus »

@ Peter: jetzt wird mir auch eine Stelle im Mefoführer Ostsee klar in der es hieß, "wenn der Wind auf die Wurfhand bläst...dann umdrehen und rückwärts werfen" - ich konnte damit nie Seitenwind assoziieren :oops: , sondern dachte immer an Wind von vorn. :oops:

Danke, André
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piscator
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Beitrag von piscator »

Moin neben dem Rückhandwurf über die falsche Schulter gibts auch den Beach cast, bei dem der Rückwurf die Fliege abliefert. Das ist der Wurf der an der Küste praktiziert wird wenn der Wind auf die Wurfhand drückt. Also Gesicht zum Strand und Rückwurf in Richtung offenes Meer -- gutes Doppelzug Werfen bedeutet kaum Unterschied zu normalem Wurfbild (in der Weite). Das geht erheblich weiter als der Rückhandwurf. TL, Jürgen
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Matthias B.
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Beitrag von Matthias B. »

Hallo...
Hab ich auch schon gemacht, jedoch kam ich mir dabei ein wenig "panne" vor. Die Leute haben mich auch angeguckt, als wollten sie sagen:" ...hat der es auf Eichhörnchen in den Bäumen abgesehen, oder warum steht der falsch rum?!" Wenns nicht anders geht, ist mir allerdings recht egal was die Leuts denken :wink:

Nochmal Danke :wink:
Wird Zeit, dass das Eis schmilzt...

Gruß vom Niederrhein

Matthias
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Bernd Ziesche

Re: Wurf-Anfänger Fragen....

Beitrag von Bernd Ziesche »

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Zuletzt geändert von Bernd Ziesche am 28.07.2013, 09:20, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von niclodemus »

@ Bernd: Mensch, das Forum ist ja wirklich richtig klasse und die Antworten qualitativ hochwertig. Danke, ich konnte aus deinen ausführlichen Worten eine ganze Menge entnehmen. Du hast vollkommen Recht, nachdem ich am WE ein paar gute Doppelzüge hinbekommen hatte, fühlte ich mich gut. Das heißt aber noch lange nicht, dass ich auch gut werfe. Ich habe mich mit zwei weiteren Anfängern aus einem Nachbarforum verabredet um uns, wenn der Schnee wieder weg ist, gegenseitig zu korrigieren. Ich denke dies hilft schon mal ganz gut.
Ich werde weiter von den Versuchen berichten.

lg André
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Rolf Renell
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Beitrag von Rolf Renell »

@Bernd - schöne Ausführung ! :smt041

Was ich noch zufügen möchte :
Beende deine Trainings mit einem"guten" Wurf ,der muss nicht "weit "oder "um die Ecke "sein,sondern nur "gelungen" - das hilft und gibt wieder Lust weiter zu trainieren am nächsten Tag.

Weiterhin viel Erfolg !
Beste Grüsse,
Rolf
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...a fisherman`s dream , is a trout in the stream ...
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