Aber umgekehrt, wenn ich die Diskussionen hier und in anderen Plattformen verfolge komme ich fast zwangsläufig zu dem Ergebnis, das es uns unglaublich gut gehen muß, wenn wir es uns leisten können allein über den Wohlklang eines Wortes zu diskutieren. Ist das nicht schon Dekandenz?
Und wenn es dekadent wäre! Sei's drum..
Laßt mich ein bißchen weiter ausholen (mit alten Leuten muß man Geduld haben hähä) um das Bild zu zeichnen das für mich zum Fliegenfischen als „L'art pour 'l art“, als Lebensgefühl schlechthin am Ende steht.
Ich komme aus ganz, ganz einfachen Verhältnissen. Mein Vater war ein österr. Adliger der als Offizier im WK II nach Norwegen kam und dort eine Norwegerin heiratete (und sitzen lies). Während mein Bruder und meine Schwester in Norwegen blieben, wurde ich nach Österreich verschleppt und buchstäblich „entsorgt“. Während mein Bruder (er ist älter als ich) ohne Schulbildung als Sklave in einer Bakeri verdingte wurde und fischen ging um nicht zu verhungern, ging ich in Österreich statt zur Schule zum Wildern – aus genau dem selben Grund.. (Es vergingen gut 30 Jahre ehe wir uns und ich die Mutter wiedersah).
Also mit Bildung und Ausbildung war nicht viel los. Ich mußte/durfte dann zwar einen Beruf erlernen – den ich von Stund an haßte und keinen Tag länger als notwenig ausübte. Erst als Erwachsener konnte ich selbst Entscheidungen treffen, jenen Berufsweg einschlagen, den ich wollte und bis heute ausübe.
Nach vielen Jahren durchaus harter Arbeit hat sich dann vielleicht nicht nur das Blatt, aber vorallem meine Einstellung und auch die Umstände verändert.
„nel mezzo del cammin di nostra vita“ erlaube ich mir nicht nur eine eigene Meinung, sondern nehme mir das Recht heraus zu wählen. Den Fernseher hab ich hinausgeworfen und das dauernd plärrende Radio gibt es auch schon lange nicht mehr. Dafür gibt es wenn ich Lust darauf habe ein gutes Buch, eine Flasche Merlot und das Violinkonzert von Beethoven o.ä...
Aufträge die ich nicht machen will und Kunden die ich nicht mag, lehn ich einfach ab – egal was sie einbringen würden. Nobelmarken beeindrucken mich weder bei der Kleidung noch bei irgendwelcher Utstyr, sowenig wie protzige Visitenkarten. Ein offener Blick, ein gerades, ehrliches Wort hingegen, können mich beeindrucken. Ich schwatz lieber mit dem Bauern übern den Gartenzaun als mit dem Herrn Prof.Dr.... (wobei es auch bei denen einige wunderbare Menschen gibt – die dann, man staune, das Prof.Dr.weder brauchen noch besonders mögen...)
Die Tagespolitik geht an mir spurlos und ungehört vorbei, genaus wie der Klatsch und Tratsch (Informationsmüll) der in unserer Megainformationsgesellschaft alles unter sich begräbt. Ich brauch und will nicht wissen ob Obama Blähungen hat und Xin yau Peng eine Rede gehalten hat. Lieber les ich ein Gedicht von Heine als die NZZ und erheitere mich an Morgenstern – statt an Merkelschen Possen.
Ein par mal im Jahr werde ich von lieben Freunden zur Jagd eingeladen und regelmäßig ausgeschimpft, wenn ich von der Beute nur ein Photo, statt sie selber bringe. Dabei war der Pirschgang durch die Wälder für sich allein so erfüllend – das ich keines Schußes und keine toten Beute zu Krönung bedurfte. Dabei liebe ich meine Waffe – sie ist 10 Jahre älter als ich und ein wunderbares Gerät, und ich verbringe manche Stunde auf dem Schießstand – immer wieder überwältigt was so ein alter Stutzen (auf den ich lange sparte) an Leistung erbringen kann und wie er sich in die Hände, an die Wange schmiegt. Wenn ich dann schieße, dann fällt ein Elch genaussogut wie ein Reh und ich freue mich natürlich und bin dankbar, aber ich habe schon lange nicht mehr das Gefühl, das zu brauchen.
Seit einiger Zeit schreibe ich keine Briefe mehr mit dem PC, Stattdessen eine gute Füllfeder, ein feines Papier und Zeit. PC, E-post und elektronische Fakturierung sind praktisch – fürs geschäftliche und die Internetkomunikation, aber ...
Angeln an sich hat mir nie Freude gemacht – es war mir einfach fremd und eigentlich bin ich nur meinem Bruder zuliebe mitgegangen – als wir auf unserer ersten Reise durch Norwegen waren. Dann hat er eine Fliegenrute – mit der er weniger anfangen konnte, ausgepackt und ich war fasziniert... Ich ließ mir das einfachste Wie und Wo und Warum zeigen und hab nie mehr eine Angel in die Hand genommen. Am Anfang war die Begeisterung vor allem dann noch groß, wenn ich tatsächlich einen Fisch gefangen habe (vermutlich mehr aus Glück als aus Kenntnis und Kunst). Allein auch das verschwand mit den Jahren und heute beglückt mich ein gelungener „Wurf“ unendlich viel mehr. In einem anderen Thema habe ich erwähnt, das ich das „Werfen“ (norsk: kast) mit einem Walkman und Wienerwalzer versucht habe. Das Erlebnis der tanzenden Schnur zu „Rosen aus dem Süden“ war umwerfend... der zu fangende Fisch vergessen.
Wenn ich heute ans Wasser komme, nach langer Vorbereitung (was muß ich mitnehmen und was nicht
Alles andere geht dann wie von selbst – ist „nur“ Handwerk, bis sich die Schnur das erstemal in die Luft erhebt...
Dann kommt das ins Spiel was Frank (der Essay hat mich beglückt! vielen, vielen Dank dafür!!!!) ins Spiel brachte: „sprezzatura“. Conte Castiglione hat es vielleicht auf den Punkt gebracht. Die wortlos ausgedrückte Harmonie in der Kunst, einfachstes auf die komplizierteste Weise zu tun – vergleichbar der japanischen Teezeremonie, mit dem vollendetesten, scheinbar mühelosesten Ergebnis.
So ist zumindest für mich die Kunst der fliegenden Schnur der Inbegriff des „auswählen dürfens“ der Selbstbeschränkung auf den einen Seite - Qualität vor Quantität und der unendlichen Möglichkeiten auf der anden Seite, des aus unglaublich vielen schönen Dingen sich das Beste heraussuchen zu können, völlig frei in der Wahl. Es ist schlichtweg das Sinnbild des selbstbestimmten Lebens...
oder des schamlosen Hedonismus.
Euer Elchvieh
PS. bevor Irrtümer aufkommen: ich bin noch immer arm wie eine Kirchenmaus... und es ist mir menschliches Verdauungsprodukt! Herzig "nichterlaubtes Wort!










