Schnurklasse höher, pro & contra

Fliegenwerfen - wie geht das eigentlich? Wie kann ich meine Leine effektiver ausbringen und Fehler ausmerzen? Was hat es mit den AFTMA-Klassen auf sich? Was sind Spezial- und Trickwürfe? Fragen über Fragen! Hier könnt Ihr Euch gegenseitig helfen.

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henkiboy
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Re: Schnurklasse höher, pro & contra

Beitrag von henkiboy »

Hallo Gerhard,
Du gibst tatsächlich einen Eindruck vieler mir bekannter Instruktoren wieder! Und natürlich meinen eigenen, denn ich bin beileibe kein Karajan mit der Fliegengerte. Mit den schnellen Kohlefaserstecken werfe ich daher auch lieber eine Klasse höher bzw. mit einer Kurzkeule. Nur bei der Gespliessten, Hohlglasrute oder meinem "Boron-Antiquariat" passt eine DT in der angegebenen Schnurklasse meist wesentlich besser. Sch..ss Feinmotorik!!! :badgrin:

selbstkritische Grüsse
Detlef
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laverda
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Re: Schnurklasse höher, pro & contra

Beitrag von laverda »

henkiboy hat geschrieben: .......
Ich möchte meinen Hintern drauf verwetten, das das bei den Billigprodukten aus Fernost mit der Etikettierung schon wesentlich bescheidener aussieht! Da wird mit Sicherheit eher der Grundsatz "Pi mal Daumen" gelten. Ich möchte wetten das ein gewaltiger Anteil von 6er Ruten als 5er gelablet werden, weil 5 halt die Allroundklasse und somit besser zu verkaufen ist.
.........


Hi Detlef,
die Schwankungsbreiten sind leider bereits innerhalb der Schnurklassentoleranzen dermaßen groß, dass auch die Rutenangaben prinzipiell fast gar nicht daneben liegen können.

Eine Klassendefinition wird doch nur vorgetäuscht:
Eine 5er Schnur unterscheidet sich von einer 6er Schnur auf den zur Klassifikation entscheidenden 9,15m bei Einhaltung jeweils der Klassenmitte um sage und schreibe 1,3 Gramm!!!!!
Beide Klassenmitten erlauben nur Toleranzen von wenigen zehntel Gramm nach oben und unten => Wow, das sind tatsächlich sehr exakte Grenzen, meint der interessierte Laie.
ABER:
Über die zulässige Toleranz hinaus kommen die üblichen paar Keulen-Meter zusätzlich und Taperunterschiede und daher gibt es bereits innerhalb der Klassenkonformität Toleranzen auf das Gesamtgewicht einer Schnurkeule von weit über 50%!!!!!! Wenn jetzt auch noch Rutenhersteller bei Schnurklassenempfehlung (angeblich) ganz spezielle Angel- und Wurfmethoden reinpacken und ggf noch berücksichtigen, dass die Kurzkeule mittlerweile ja eh meist übergewichtig daherkommt, kannst du tatsächlich auf eine halbwegs durchschnittliche Rute alles von 4-7 draufmalen und irgendeine Strippe oder Wurfmethode wird schon damit funktionieren. Andersrum kannst du auf fast jede durchschnittliche Rute eine 5 malen, irgendeine Strippe auf deren Packung auch die 5 gemalt wurde, lässt sich garantiert damit schleudern.

Da kann man also im eigentlichen Sinne nix wirklich FALSCH labeln, der arme Flifi muss eben nur etwas länger suchen, um die entsprechende Leine zu finden, die das gleiche Label wie seine Rute trägt und ebenfalls eine entsprechende Abweichung in der gleichen Richtung aufweist. Gemäß eines meiner vorhergehenden Beiträge wäre theoretisch meine 5er selbst mit einer 8 "richtig" d.h. klassenkonform gelabelt, wenn man eine halbwegs kurzkeulige klassenkonforme 8er WF-Schnur zum leichten Streamern verwendet.

Gruß vom platten Niederrhein
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Re: Schnurklasse höher, pro & contra

Beitrag von Werbe »

Hallo laverda
laverda hat geschrieben: ABER:
Über die zulässige Toleranz hinaus kommen die üblichen paar Keulen-Meter zusätzlich und Taperunterschiede und daher gibt es bereits innerhalb der Klassenkonformität Toleranzen auf das Gesamtgewicht einer Schnurkeule von weit über 50%!!!!!! Wenn jetzt auch noch Rutenhersteller bei Schnurklassenempfehlung (angeblich) ganz spezielle Angel- und Wurfmethoden reinpacken und ggf noch berücksichtigen, dass die Kurzkeule mittlerweile ja eh meist übergewichtig daherkommt, kannst du tatsächlich auf eine halbwegs durchschnittliche Rute alles von 4-7 draufmalen und irgendeine Strippe oder Wurfmethode wird schon damit funktionieren. .....................
Möglicherweise schreibt Kerry Burkheimer deshalb 3 "Klassen" auf seine Exponate. Was ich nur nicht weiß, ist, ob dies ( oder die Angabe 5/6 auf billigeren Labels) aufgrund des Wissens um die in diesem Faden diskutierten Zusammenhänge geschieht oder aus dem Grund, eine kostenintensive Vermessung des Gerätes einzusparen.

Gruß
Werner
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Re: Schnurklasse höher, pro & contra

Beitrag von laverda »

Werbe hat geschrieben:Hallo laverda
........
Möglicherweise schreibt Kerry Burkheimer deshalb 3 "Klassen" auf seine Exponate. Was ich nur nicht weiß, ist, ob dies ( oder die Angabe 5/6 auf billigeren Labels) aufgrund des Wissens um die in diesem Faden diskutierten Zusammenhänge geschieht oder aus dem Grund, eine kostenintensive Vermessung des Gerätes einzusparen.
......
Gruß
Werner



Hi Werner,
Jau, sauguter Beitrag =D>
Diese Angaben von mehreren "Klassenbereichen" liegt auf alle Fälle sehr viel näher an den tatsächlichen Gegebenheiten als mit einer einzelnen Angabe eine Exaktheit vorzugaukeln, die so gar nicht existiert.

Gruß vom platten Niederrhein
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henkiboy
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Re: Schnurklasse höher, pro & contra

Beitrag von henkiboy »

Hallo Werner,
Burkheimer weiß nur eines besser wie die Leuts von Sage, Winston und Co.: Es gibt unter den Werfern Talente, Feinmotoriker und Grobmotoriker. Bei den Schnüren gibt es DT, WF und Kurzkeule - was ist also logischer als eine möglichst breite Range zu attestieren? - Nichts!!!!
Dirigenten mit Rute und Schnur kommen diesbezüglich mit allen drei ausgewiesenen Klassen klar - Grobmotoriker dürfen sich immerhin eine aussuchen, die passt! :wink: :mrgreen:

grobmotorische Grüsse :lol:
Detlef
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Re: Schnurklasse höher, pro & contra

Beitrag von Forelleke »

Morgen Bernd,

Ich wollte noch den Verweis zum Artikel nachliefern....
Fisch & Fliege no.20 , mit Thorsten Strübe... " klasse Kombis "
Fast ausnahmslos werden Ruten mit höhere schnurklassen geworfen...genannt die perfekte Kombi ....

Nur zur Vervollständigung meiner ersten Post, also ohne Wertung...

Klasse thread übrigens, vielen dank!

Roel
laverda
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Re: Schnurklasse höher, pro & contra

Beitrag von laverda »

henkiboy hat geschrieben:Hallo Werner,
Burkheimer weiß nur eines besser wie die Leuts von Sage, Winston und Co.: Es gibt unter den Werfern Talente, Feinmotoriker und Grobmotoriker. Bei den Schnüren gibt es DT, WF und Kurzkeule - was ist also logischer als eine möglichst breite Range zu attestieren? - Nichts!!!!
Dirigenten mit Rute und Schnur kommen diesbezüglich mit allen drei ausgewiesenen Klassen klar - Grobmotoriker dürfen sich immerhin eine aussuchen, die passt! :wink: :mrgreen:

grobmotorische Grüsse :lol:
Detlef


Hi Detlef,
meine Vermutung ist eher, dass die Leute von Burkheimer es nicht "besser wissen" sondern bei der Schnurklassenempfehlung über mehere Klassen richtigerweise berücksichtigen, dass es für eine Rute mit z.B. ~15gr Schussgewicht klassenkonforme Schnüre und jede Menge davon abweichende in dem Klassenbereich 5-8 gibt, die das passende ~15gr Keulengewicht aufweisen. Sie also NICHT wie viele andere eine Gewichtsgenauigkeit der Schnurklasse in den Angaben vortäuschen, die faktisch auch nicht vorliegt. Dass eine Rute mit der gesamten Bandbreite der Schnurgewichte z.B. von Klasse 5-7 vernünftig zu werfen ist, bezweifel ich nämlich sehr stark. Die klassen-konforme WF5 mit 9m Keule hat 9gr Keulengewicht, bereits die 7er mit 13m Keule kommt bereits auf 18gr.
Leider entsteht bei diesen Bereichsangaben tatsächlich der Eindruck, die Rute decke alle angegebenen Gewichtsbereiche der empfohlenen Schnurklassen ab.

Wenn wir dem gegenüber mal zu den Ruten sehen, für die Schussköpfe in Gramm statt Klassen empfohlen werden, dann sieht man, dass hier recht enge Grenzen beim Schusskopfgewicht vorliegen, z.B. bei den Mefo-Fischern an der Ostsee. Natürlich handelt es sich sich hierbei um Filfis, die i.d.R. allesamt weite Würfe überkopf und mit Doppelzug ausführen. Trotzdem sieht man hier SEHR deutlich, dass das Wurfempfinden in Bezug auf Rute und dazu passendes Schusskopfgewicht i.d.R. innerhalb eines Toleranzbereiches von weniger als +/- 1gr liegt, grob gerechnet in etwa +/- gerade mal ~5%!!!! und das entspräche bei ansonsten identischem Schusskopf einer Längendifferenz von gerade mal ~0,5m. Im Gegensatz dazu betragen die Gewichtsabweichungen innerhalb der einzelnen "Klassenangabe" bereits gerne mal 50% und mehr.
Vergleicht man nun diese Schusskopfgewichte mit den gemessenen nominalen Schussgewichten dieser Ruten, stimmen die Werte überein.
Insofern kann man m.E. daraus folgerichtig den Schluss ziehen, dass es viel weniger die viel beschworenen individuellen Vorlieben einzelner sind, die den großen Klassenbereich für eine Rute ausmachen sondern viel mehr die vorgetäuschte aber nicht vorhandene Gewichtskonformität im "Klassensystem".

Eine Rute selbst, in Abgrenzung zu der nächsten, ansonsten baugleichen (Material, Länge, Gewicht) "klassenhöheren oder -niedrigeren" Rute, verfügt nämlich nur über eine einzige Eigenschaft, aus der sich ein höheres oder niedrigeres Wurf-/Schussgewicht ergibt:
Das Verhältnis aus Auslenkungskraft zu Auslenkungsweg im Verlauf des Arbeitsbereiches der Biegung von 0-Max, in Physik und Technik allgemein als Federkennlinie bekannt.

Dicken weihnachtlichen Gruß vom platten Niederrhein
Zuletzt geändert von laverda am 21.12.2012, 13:41, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Schnurklasse höher, pro & contra

Beitrag von Werbe »

Hallo Laverda,
laverda hat geschrieben: Dass eine Rute mit der gesamten Bandbreite der Schnurgewichte z.B. von Klasse 5-7 vernünftig zu werfen ist, bezweifel ich nämlich sehr stark.
Ich bin bei meinen Test mit drei Schnurklassen und verschieden getaperten 5er Ruten auf ein anderes "Phänomen" gestoßen, welches ich "physikalisch" noch nicht richtig einzuordnen vermag. Beispiel: Die erwähnte Burkheimer wirft tatsächlich die 3 Leinenklassen problemlos, die Z-Axis und die im gleichen Test verwendete Hardy- Sintrix nicht.
Die Burkheimer hat ein relativ steifes und unsensibles Spitzenteil, die "Kraft" der Rute kommt eher aus der Mitte, weshalb sie für feine Präsentation auf 3 m auch nicht sonderlich geeignet ist. Die beiden anderen Ruten habe ein sensibleres Spitzenteil, sind im Mittel- und unteren Bereich aber eher steif.
Meine Annahme ist nun, dass die spitzenbetonten Ruten bei einer "zu" schweren Leine und 15 m Leine vor der Spitze die "Überladung" eher übelnehmen als eine vorne nicht so fein getaperte Rute und dass bei einer "zu" leichten Leine die langsamere und längere Kraftentfaltung aus der Mitte heraus die Beschleunigung der leichten Leine durch eine günstigere Kraftentfaltung ermöglicht.
Daraus wäre- wenn es denn stimmt- der Schluss zu ziehen, dass die Fähigkeit einer Rute, mit verschiedenen Leinenklassen fertig zu werden, u.a.von ihrer Biegekurve respektive ihrem Taper abhängt.

Wie erwähnt, ist das ein Eindruck meinerseits, den man sicherlich auch in belastbare numerische Werte übersetzen könnte- wenn man/ich die Lust dazu hätte, die ich nicht habe.
Ich würde aber gerne Deine Meinung zum Erwähnten lesen.

Gruß
Werner
laverda
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Re: Schnurklasse höher, pro & contra

Beitrag von laverda »

Hi Werner,
wichtig wäre, den tatsächlichen Gewichtsunterschied der Schnüre bzw. der Wurfgewichtslängen zu kennen. Klassenunterschiede sagen erstmal wenig aus.

ich versuche mal, das Ganze in halbwegs verständlicher und kurzer Formulierung:
Wenn eine Rute beim Wurf in erster Linie "aus dem Rückgrat heraus arbeitet" bedeutet dies, dass mehr schwingende Masse zusätzlich zur Schnurmasse bewegt werden muss. Zusätzlich ist die Länge des Hebels, den das Biegemaximum/der Mittelpunkt der Biegekrümmung durchläuft kürzer. Bei der Rutendynamik des Wurfes kann man zunächst bei überschläglicher Betrachtung in erster Näherung von der Rute als masseloser Feder ausgehen aber je weiter sich die Rute bis ins Rückgrat hinein biegt, desto größer wird der Einfluss der Rutenmasse. Dies bedeutet weiterhin, dass der Anteil der zu werfenden Masse (Schnur) im Verhältnis zur bewegten Federmasse der Rute (aktive Biegelänge der Rute) kleiner wird und dementsprechend der Einfluss der Schnurmassenänderungen auf die Dynamik des Gesamtsystems geringer wird. Ich kann also ohne nennenswerte Änderung in der Wurfdynamik einen größeren Schnurmassenbereich bewegen.
Das System an sich ist dabei insgesamt gedämpfter oder auch träger.

Mit der Vermessung von Ruten lässt sich dies auch in Zahlen fassen, wobei folgende Werte rein zur Verdeutlichung herangezogen werden und Ergebnisse aus einer Vielzahl von Vermessungen beispielhaft zusammenfassen.

Zwei 6er Ruten gleicher Länge und gleichen nominalen Schussgewichtes aber unterschiedlicher Aktion werden mit der 3,75°-Auslenkungsmasse belastet. Nun bringt man die Ruten in belastetem Zustand zum freien vertikalen Schingen. Die Rute mit der ausgeprägten (progressiveren) Spitzenaktion schwingt mit einer Frequenz von 72 pro Minute, die Rute mit der parabolischeren Aktion schwingt mit 68 pro Minute.
Eine masselose Rute würde mit 80 pro Minute schwingen. Mit ein paar Dynamikberechnungen ergibt sich für die progressive Rute für diesen Biegpunkt eine schwingende Rutenmasse von 3,4gr für die parabolische Aktion 4,1gr also ~20% mehr.

Wiederholt man die Messung bei einer Auslenkung von 15°, was einer durchschnittlichen Wurfbiegung entspricht, erhöht sich der Wert bei der progressiven Rute auf 11,0gr bei der parabolischen auf 15,6gr.
Die schwingende Rutenmasse der progressiven Rute verdreifacht sich in etwa, während die der parabolischeren ungefähr um den Faktor 4 steigt, die absolute Massendifferenz beträgt 4gr.

Bei den hier genannten schwingenden Massen handelt es sich nicht exakt um das tatsächlich bewegte Blankgewicht sondern um Ersatzwerte, da die Schwingung senkrecht, die schwingende Masse aber einen waagerechten Verlauf hat, auch werden die Dämpfungseigenschaften des Rutenmaterials über das Ersatzgewicht berücksichtigt.

Wichtig ist auch, dass es sich hierbei um einen Vergleich von Kohlefaserruten handelt d.h. annähernd identische Materialeigenschaften.

Gruß vom platten Niederrhein

PS: Es ist tatsächlich nicht einfach, recht komplexe Wirkungszusammenhänge hinreichend knapp und einfach darzustellen.
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Re: Schnurklasse höher, pro & contra

Beitrag von Werbe »

Hallo Laverda,
laverda hat geschrieben:
PS: Es ist tatsächlich nicht einfach, recht komplexe Wirkungszusammenhänge hinreichend knapp und einfach darzustellen.
das ist wohl wahr und ich danke Dir herzlich für die ausführliche Darstellung.
( Übrigens: Die tatsächlichen Gewichte der Leinen sind von untergeordneter Bedeutung, weil ich drei in der Länge und Leinenklasse identische Ruten mit jeweils den gleichen 4er, 5er und 6er Leinen geworfen habe- und dabei feststellte, dass die im Mittelteil "biegefreudigere Rute die Unterschiede besser "wegbügelt".)
Ich möchte mich aber durch eine kurze Zusammenfassung bzw. Schlussfolgerung vergewissern, ob ich Dich richtig verstanden habe:
Dadurch, dass der Anteil der bewegten Rutenmasse an der bewegten Gesamtmasse bei "parabolischeren" Ruten höher ist als bei spitzenbetonten, sind die Unterschiede im Leinengewicht beim Werfen verschiedener Leinengewichte mit parabolischen Ruten weniger spürbar. Das würde meinen Eindruck bestätigen, dass die erwähnten spitzenbetonten Ruten mit "Unter- und Überladung" deutlich "fremdeln", während die biegefreudigere Rute das abkann.

Habe ich Dich richtig verstanden?
Ps. Dass zu einer exakten Aufrechnung auch noch andere Werte gehören, ist mir klar- mir geht es um die Frage, ob ich das richtig "gefühlt" habe, was zu messen wäre?

Gruß
Werner
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Re: Schnurklasse höher, pro & contra

Beitrag von laverda »

Hi Werner,
das hast du schon richtig verstanden. Ein weiterer Punkt ist, dass bei der parabolischeren Aktion die Beschleunigungs-/Kraftänderungen bei der Energieübetragung auf die Schnur weicher verlaufen, d.h. der von dir erwähnte "Wegbügeleefekt" dadurch nochmals unterstützt wird.

Gruß vom platten Niederrhein
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Bernd Ziesche

Re: Schnurklasse höher, pro & contra

Beitrag von Bernd Ziesche »

.
Zuletzt geändert von Bernd Ziesche am 31.07.2013, 11:49, insgesamt 1-mal geändert.
laverda
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Re: Schnurklasse höher, pro & contra

Beitrag von laverda »

Werbe hat geschrieben:
.......
Dadurch, dass der Anteil der bewegten Rutenmasse an der bewegten Gesamtmasse bei "parabolischeren" Ruten höher ist als bei spitzenbetonten, .......
Werner


Hi Bernd,
ich gehe mal davon aus, dass du diese Aussage meinst.
Logo, nicht die Rutenmasse an sich wird bei Spitzenaktion geringer (für diesen Nachweis wäre der Physik-Nobelpreis fällig :mrgreen: ), sondern die gebogene Länge und damit die federwirksame Rutenmasse.
Beispiel:
1. Parabolische Aktion: Die Rute biegt sich beim Wurf deutlich bis weit ins Rückgrat: Aktive Federlänge/Biegelänge z.B. 2m
2. Spitzenaktion: Die Rute biegt sich deutlich nur in der oberen Hälfte, das Rückgrat bleibt fast gerade. Aktive Federlänge/Biegelänge z.B. 1m

Im Fall 1 hat die aktive Federlänge mehr Masse als im 2. Fall. Es geht hier ausschließlich um den Massenunterschied der aktiven Federlänge der Rute und die damit verbundene Massenträgheit bzw Verteilung der Spannenergie.

Also genau anders herum als du es verstanden hast:
Parabolisch => größere aktive Biegelänge und damit höhere Masse der Biegelänge
Spitzenaktion => geringere aktive Biegelänge und damit geringere Masse der Biegelänge.

Ganz wichtig: Dies ist nur EIN Effekt, ein weiterer, der in Sachen Wurfgewichtsbereich zu beachten ist, wäre die absolut gesehen höhere Federsteifigkeit der Spitzenaktion bei gleichem Schussgewicht aber mit zunehmender Auslenkung.

Ich glaube aber, dass eine halbwegs umfassende Gesamtbetrachtung den Rahmen dieser Forumsdiskussion übersteigt.

Gruß vom platten Niederrhein
Ruten werfen Masse.........nicht Klasse
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Re: Schnurklasse höher, pro & contra

Beitrag von Werbe »

Hallo Bernd, :smt039 ,

Bernd Ziesche hat geschrieben:........

Insofern besteht hier immer die Abhängigkeit zur Schnurlänge (und dem jeweiligen Gewicht), die man führen möchte.

Insgesamt ist es so, dass die steifere Rute ein höheres Spektrum an Schnüren verträgt, da die weichere Rute schneller an dem Punkt der zu hohen ........:
diese Zusammenhänge sind mir bekannt. Selbstverständlich sind die Ruten mit kurzer, mittlerer und langer Leine geworfen worden. Deshalb habe ich ja auch erwähnt, dass z.B. die Burkheimer auf kurze Distanz nicht erste Wahl ist.
Es ging aber nicht um die Frage, was eine insgesamt steifere Rute besser oder schlechter kann, sondern um die physikalische Erklärung des "subjektiven" Gefühls/ Testergebnis zweier Fliegenfischer, dass die Rute mit "steifer" Spitze und "weicher" Mittelsektion insgesamt mit den unterschiedlichen Leinenklassen besser zurecht kommt als die Spitzenbetonten, das gilt auch für die "zu leichte" Leine im Test. Insofern "widerspreche" ich der Behauptung, dass eine steifere Rute ein größeres Spektrum an Schnüren "verträgt"- was sie nach oben mehr kann, kann sie nach unten weniger, wenn man verträgt als gut wirft übersetzt.
Meine Vermutung war/ist, dass man mit der "einfachen" Klassifizierung, steife-weiche Rute die Testeindrücke nicht erklären kann, sondern dass man die "Form" der Biegekurve und die Kraftentfaltung einzelner Blankregionen eher berücksichtigen muss.
In dieser Hinsicht erscheint mir die Erklärung Laverdas plausibel, die mit meinen eigenen Worten (etwas vereinfacht)zusammengefasst so lauten würde: Je mehr die Rute aus der Mitte arbeitet, (je höher der Gewichtsanteil der "arbeitenden" Rutenlänge ist- hatte mich im vorigen Post falsch ausgedrückt )desto besser kann sie Unterschiede im geworfenen Gewicht ausgleichen.

Ps: Bei den geworfenen Leinenlängen bezieht die längste vor der Spitze geführte Leine sich auf die Annahme, dass so viel Leine geführt werden muss, dass der abschließende Schuss die Leine von der Rolle holt und ablegt. (Es macht bei solchen Test m.E. keinen Sinn, die physikalischen Grenzen einer Rute auszuloten, weil man in der Fischerpraxis nicht wissen muss, ob die "weiche" Rute so viel Leine in der Luft halten kann, dass man sie auf 35 m abschießen kann.

Gruß
Werner
TorstenHtr
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Re: Schnurklasse höher, pro & contra

Beitrag von TorstenHtr »

Hallo laverda, Werner & Bernd,

dass man mit einer Rute mit spitzenbetonter Aktion ein kleineres Massenspektrum "wirft", kann ich nicht nachvollziehen. Laverda's Argumentation erscheint mir nicht als plausibel; die Messungen der Federkennlinie beziehen sich in der Regel auf eindimensionale Bewegungen - hingegen ist der Wurfablauf eine wesentlich komplexere 3-dimensionale Bewegung mit mindestens 6 Freiheitsgraden. Weder die Größe der Beschleunigung noch der Arbeitsweg müssen konstant sein.
Die Messung von Parametern ist eine Sache, die Interpretation der ermittelten Daten eine ganz Andere.

Beispiel:
Vor einigen Jahren gab es im Castingsport die Disziplin "Fliege-Kombi", dort musste mit gleicher Rute im Nahbereich auf Ziel geworfen werden als auch auf Distanz. Deswegen haben einige Sportler Vollglasspitzen in ihren Ruten eingesetzt, um sie deutlich spitzenbetonter ausfallen zu lassen. Aus der Idee stammen auch die "Solitip"-Ruten von Theo/Bernd Matschewsky.
D.h. wenn man diesen Ansatz verfolgt müsste man mit einer sehr spitzenbetonter Aktion ein breiteres Spektrum noch "angenehm" werfen können.

Die Art der Aktion kann man mit auf verschiedene Arten messen; die CCS-Methode verwendet den Aktionswinkel (engl. Action Angle, AA), die 15°-Methode den sog. "Power-Faktor".
Der Aktionswinkel beschreibt schlicht den Winkel der Rutenspitze gegenüber der Horizontalen bei einer definierten Belastung - ein hoher Winkel bedeutet, dass die Rute eine spitzenbetonte Aktion besitzt.
Solitip-Ruten z.B. besitzen einen sehr hohen Aktionswinkel.

--

Bei der "schwingende Rutenmasse" gehe ich davon aus, das damit die equivalente Masse der Rute gemeint ist, wenn man als Modell einen einfachen Harmonischen Oszillator verwendet. Meines Erachtens zeigen die von mir betrachteten Videos fast ausschließlich einen negativen Effekt dieser Masse auf den Wurf. Die beschleunigte Masse führt dazu, dass die Rutenspitze nachschwingt, die Haarnadel öffnet und nicht wirklich zur Beschleunigung der Schnur beiträgt. Dies müsste aber genau untersucht werden. Ruten mit einer unterschiedlichen Aktion müssen auch nicht zwangsläufig unterschiedliche equivalente Massen besitzen; das ist abhängig von den Materialeigenschaften.

Plausibler scheint mir der Einfluss der Rutenaktion auf die Bahn der Rutenspitze und der Beschleunigung auf dieser Bahn zu sein - was aber auch nur eine Gültigkeit hat wenn alle anderen Faktoren konstant sind.

--

Generell stimme ich Bernd zu, in den meisten Fällen ist die Angabe auf der Rute sinnvoll und ausreichend. Die Werte aus den verschiedenen Messverfahren sind ganz nett und als Zusatzinfo nützlich (nicht für jede Zielgruppe). Aber ich finde, sie können ein Probewerfen nicht ersetzen.
Bernd hatte auch schon einige Beispiele geliefert, die Zuordnung Schnur <-> Rute ist abhängig vom Einsatzzweck. In der Regel ist das Schnurgewicht auch nicht unbedingt konstant (außer Sonderfall Schusskopf) - ein guter Werfer kann locker 1 - 20m einer DT sauber in der Luft führen. Selbst bei Schussköpfen ist es vom persönlichen Geschmack und vom Wurfstil abhängig,
Beispiel: ACA Castingsport, Disziplin Angler's Fly Distance, 18 Gramm Schussköpfe - die verwendeten Ruten sind sehr steif > ERN 12. Das würde Laverda's 1gr. These widersprechen :)

Bis dann,
Torsten
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