Norwegen: Die Gaula 2013 - Akt 1 + 2
1.) Lachs to go... | 2.) Gaula 2013: Neues vom Fluss
von Wolfgang Brandt
Lachs to go...

Das Handy klingelte: Komm schnell, hast Du das Gaff dabei, Hilfeee!
Ich vermisste meinen Sohn Eike schon, er war nicht mehr zu sehen. Wir fischten in der Gaula, den Pool Saeter.
Er das bessere untere Stück, ich den oberen Part.
Es ist die 25. Woche, immer noch hohes Wasser und harte Strömung
"Wo bist Du?"
"Ganz unten, ich komme nicht mehr weiter..."

Dann sah ich ihn: Ein kleiner, grüner Fleck, ca. 600 Meter weiter, in der Kurve am Pool Enge, direkt vor einer Felswand, die steil in die Gaula abstürzt...
Ach du heiliges Kanonenrohr! Wie hat er denn das geschafft? Wildes, steiles, mit großen Steinen befestigtes , eigentlich unbegehbares Ufer. Aber ein Lachs verleiht Flügel!

Er erzählte mir später: Der Fisch nahm in der Mitte, direkt im Auslauf, er war nicht zu stoppen, zog ihn die ganze Strecke runter. 

Leistungssport in Wathose, sollte olympisch werden! Ich rannte... durch hohes Gras, durch Büsche, durch einen kleinen unwegsamen Bach, hoch über bemooste Steine, zur Straße und da saß Eike: Schweißüberströmt, Harre wirr zu Berge, aber der Fisch war noch dran.
Ok, ich stieg vor ihm runter, das heißt 20 Meter über glitschiges, steiles Gestein. 
"Hol jetzt den Fisch!"
 

Oben: der Saeter Auslauf, in der Mitte der Stein...
Links: hier geht’s runter...
Unten: ...und hier rauf und runter und herum...

Den Knoten vom Backing sah ich: Er kam, er ging, er kam, er ging. Der Fisch war unglaublich stark und erholte sich in der starken Strömung immer wieder. Das hat keinen Zweck, aber weiter ging es nicht mehr. 
"Gib mir die Rute, Du musst hoch und hinter der Felswand wieder runter!"
OK,10 Meter hoch, dann hörte ich ihn durch das dichte Gestrüpp brechen, er schaffte es. Und nun? Das war mehr, als die Rute misst! Ich winkelte die Rute, so dass er die Schnur greifen konnte. 
"Sei vorsichtig, keinen Zug! Ich werfe jetzt die Angel ins Wasser." Sie trieb zu ihm, "ich hab sie"! Nun ich hoch! 10 Meter, glitschig, voll Farn und Gestrüpp! 30 Meterweiter wieder runter. Dicke Felsbrocken, steil, voller Gestrüpp...
Ich schaffte es, die Pumpe arbeitete auf vollen Touren. Da war jetzt eine kleine Kiesbank, die Strömung war etwas schwächer. 
"Jetzt hol ihn!" 
Der Fisch kam, er ging, weitere 10 Minuten, unglaublich, wie stark der Fisch war! Dann sah ich ihn! Einige Minuten später war er dran, ich zog ihn an Land. Der Kampf: ca. 70 Minuten, der Fisch 9,5 kg und in Topform. 
Nun zurück zum Auto, 1,5 Kilometer, schweißgebadet, blutverschmiert, voller Fischschleim, aber glücklich!
So war es! – Man muss sich eben immer um die Kinder kümmern!
PS: Am Abend fing ich auch einen: Ordnung muss sein!!

Der Lohn der Mühe!

Der erschöpfte Held...
So gemütlich kann Lachsangeln sein!

Gaula 2013: Neues vom Fluss
Planung ist die gedankliche Vorwegnahme zukünftigen Geschehens. So lernen es Studenten und so plane ich die Saison akribisch. 2012 gab es viel Schnee, langanhaltendes Hochwasser und bis Mitte Juli keine Fische oberhalb des Gaulfossens. Unten sind alle guten Pools in festen Händen, nur Tageskarten mit entsprechendem Gedränge waren im Juni zu haben. Also buchte ich unten und oben, einige Tage zumindest, um für alle Eventualitäten gewappnet zu sein. Unten war es der Campground in Lundamo, denn von der Tagesstrecke Borten-Losen sah ich immer auf eine Kiesbank, die den Einlauf des BL Pools abdeckte. Muss prima sein, ich hielt Kontakt zu Gunnar vom Campingplatz und reservierte Karten.
Oben buchte ich wieder bei Arne Flagestad, der in diesem Jahr neue Pools dazu nahm, seine alten, traditionell von seinen Kunden befischten Pools rund um Winsnes hatte ihm Matt Hayes, der die Tochter des Winsnes Bauern geheiratet hat, abgenommen. Matt zieht da jetzt eine exklusive Fischerei mit Lodgebetrieb auf. Ob es klappt? Von außen sehe ich bis jetzt (26.Woche) wenig Betrieb. Kann ja noch kommen, er hat ja in England einen guten Namen unter Fischern.
Vielleicht kann er ja auch Geld drucken!!?? Denn die Pools kosten! Man spricht von 1.2 Millionen Kronen, die er für die Pools zu zahlen hat. Mal sehen, wie lange es gut geht – es sind in den ersten 3 Wochen 3 Fische bei ihm gefangen worden.
Am Lundamo Pool erlebte ich die erste Überraschung: Da standen auf der Kiesbankspitze drei Wurmangler – festgemauert! Ich schaute genauer hin! Die Bank hat sich im Winter auf das BL Gebiet verschoben, der von mir geplante Angelplatz war weg! Dann kam die zweite Überraschung: Keine Fische!! Die Schneeschmelze verlief in diesem Jahr sowieso ungewöhnlich, während wir in Deutschland im Dauerregen ersoffen, hatte man über den ganzen Mai hier Sonnenschein und über 20°C. Der Fossen war offen, oben konnte gefischt werden. Ich startete oben in Singsas, kaum zu glauben, ich bekam eine Kanone an die Angel, die drehte sich im relativ hohen Wasser um und tobte die Rausche runter.
Ich konnte, da ich den Pool noch nicht kannte, nicht hinterher... Das Backing war zu 3/4 runter, ich bremste entsprechend, Peng brach das 47er Vorfach, der Fisch war weg. Mir ging es wie dem HSV, es genügt eben nicht, vor das Tor zu kommen, man muss ihn dann auch reinmachen. 
Da bleibt Zeit zur Recherche, ich sprach mit einem Mitarbeiter der Tofa, die die Fischerei in der Trondheim-Gegend  erforscht: Trondheim Omland Fiskeadministrasjon (TOFA), das Fischaufkommen kann man auf folgender Seite beobachten: (Klick). Das Forschungsinstitut NINA stellt Testnetze und rechnet anhand des Fanges das Aufkommen hoch. Da war bis zur Woche 24 nichts, dann wurde es besser. Aber: Von den Netzen, die im Trondheimfjord stehen in den Fluss brauchen die Lachse 2 bis 3 Wochen! Es wird also Mitte Juli werden, bevor hier richtig was los sein wird!
Oben: Borten Losen - vollgepackt mit Anglern
Links: die Bank, die nach unten wanderte...

In 2012 war im Unterlauf eine wahnsinnige Schlächterei der Fische, die nicht aufsteigen konnten, durch die Wurmangler zu beobachten: Kaum Kontrolle und Fischgier! Ein Fall, der aufflog, berichtete von einem Mann, bei dem man 112 Lachse in der Truhe entdeckte! Also meine Frage nach den Gründen der geringen Kontrolle und Regulierung, die ja offensichtlich notwendig ist. Es gibt an der Gaula ca 600 Eigner von Fischrechten. Die TOFA hat keine genauen Zahlen zum Aufstieg, also Zahlen, die genau genug sind, um Eingriffe in die Fischrechte zuzulassen.

Heute könnte jeder Landbesitzer sofort Schadensersatz verlangen und wohl auch bekommen. Jetzt wird in diesem Jahr ein neues Gesetz erlassen, das alle Flüsse, die in den Fjord münden, also auch die Orkla, betreffen wird. Die Landeigner werden per Gesetz gezwungen, ein Gremium zu bilden, das dann für den Fluss bindende Erlasse und Regeln durchsetzen soll. Die sollen dann auch die Kontrolle übernehmen, das klingt vernünftig! Das Problem liegt in der Überfischung der Großlachse, auch wenn es im Herbst noch einen kleineren Aufstieg gibt, kommen da keine Großlachse nach, die fehlen bei dem heutigen Befischungsdruck. Jeder halbwegs begehbare Meter Flussufer wurde zum Pool ernannt und wird vermietet. Vielfach durchs Internet – wenn der Profit nicht stimmt, werden anstatt von 2 Anglern, eben 4 an den Pool gestellt.
Das gilt nicht für die alten traditionell am Fluss beheimateten Firmen, da will ich auch den oft gescholtenen Norwegian Flyfishing Club (NFC), der in neue Hände ging, nicht einbeziehen. Da wird ausdrücklich nur mit der Fliege gefischt und Catch und Release wird empfohlen und auch gemacht!

Gestern Nacht hatte ich 2 Anfasser, schauen wir, was die Saison noch so bringt! Die Netzsaison wird in diesem Jahr nach 5 Jahren Moratorium wieder am 1. Juli beginnen.
 

So fischt man ohne Fisch...

Es heißt, der neue Osloer Besitzer des NFC's hat sich bemüht, die Rechte aufzukaufen, um den Fischbestand zu pflegen. Ohne Ergebnis, jetzt geht das Schlachten im Fjord wieder los und ich kann angesichts der Schlächterei, die sich unten im Fluß in den vergangenen Jahren abspielte, auch keine Begründung finden, die dagegen spricht – ob mit Wurm oder mit Netz – der Fisch ist in jedem Fall hinüber! 
Ich werde noch zum Namsen fahren, der hat nicht diesen Andrang, da herrscht noch Freiheit! Aber das ist eine andere Geschichte...

Die besagte Bank mit Wurmanglern...


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Einen weiteren Bericht von Wolfgang Brandt im Fliegenfischer-Forum finden Sie hier: (Norwegen: Die Gaula, ein Fluss im Umbruch | Goldgräberstimmung am Fluß | Erfahrungen der Saison 2012)

Wissenswertes über die Gaula:
Nachdem er am 1.288 Meter hohen Kjølifjellet unweit der schwedischen Grenze seine Wasser zu sammeln beginnt, orientiert sich der Gaula-Fluss in nordwestliche Richtungen. In Holtålen stürzt der junge Fluss einen Wasserfall hinab. Nach 145 an Gefälle reichen Kilometern mündet die Gaula in einen Seitenarm des Trondheimsfjords, nur wenige Kilometer südöstlich der Stadt Trondheim. Holtålen, Midtre Gauldal, Melhus und Trondheim sind Kommunen, die Gebietsanteile am Fluss haben. Die Gaula hat ein Einzugsgebiet von immerhin 3.661 km², von ihren zahlreichen Zuflüssen können Rugla, die ein sehenswertes Tal besitzt, Hesja, Holda, Forda, Bua und Sokna genannt werden. Ihr Einzugsgebiet wird im Südwesten von der Orkla begrenzt, im Norden vom Nea-Nidelva-Flusssystem. Der Fluss war früher infolge des Bergbaus stark mit Schwermetallen belastet, nach großen Anstrengungen in den 1980er und 90er Jahren konnten die Konzentrationen immerhin stark verringert werden. Seit 1985 genießt die Gaula Schutz im Rahmen eines vom Storting beschlossenen Gewässerschutzplans (Verneplan III for vassdrag). Der Fluss ist wie die benachbarte Orkla für die Lachsfischerei beliebt. (Quelle: Wikipedia)




Ein Reisebericht und Fotos von Wolfgang Brandt für www.fliegenfischer-forum.de - Juli 2013. 
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