Folge 4
5. Vorhobeln und schleifen der Spleisse

Da die Bambusstreifen nun ja gerade sind, können wir diese in der 60 Grad Hobelform vorhobeln.

Zum Vorhobeln werden häufig spezielle Vorhobelformen verwendet. Ich verwende keine solche und nehme dazu die 60 Grad Hobelform. Für das Vorhobeln ist es nicht notwendig, die Hobelform auf ein bestimmtes Mass ein zu stellen. Wir wollen ja erst mal nur einen 60 Grad-Winkel in die Spleisse hobeln. Es geht jedoch einfacher, wenn wir eine relativ grosse Klaffung wählen, da der Bambusstreifen dann besser geführt wird und uns weniger aus der Kerbe gleitet.

Während dem erstmaligen Vorhobeln lassen wir die Aussenseite unberührt und entfernen kein Material davon.

Gehobelt werden also die beiden, vom Spalten her rührenden Seitenflächen des Bambusstreifens. Zu diesem Zweck legen wir ihn mit der Aussenhaut gegen eine Kerbenfläche.
Wir hobeln nun den Spleiss, indem wir ihn, zwischen zwei Hobelzügen, von der einen Seite zur anderen wenden. Wenn wir so gleichmässig verfahren, erhalten wir mit der Zeit ein gleichschenkeliges Dreieck von 60 Grad. Mit der 60 Grad Messlehre kontrollieren wir nach, ob das Dreieck wirklich gleichschenklig ist.
 

Unser Ziel ist es ja eine ganz spezielle Gerte zu fertigen. Diese besteht bekanntlich nicht nur aus 6 Spleissen, sondern aus 13. Im Gesamten bereiten wir also 26 Spleisse vor.

Auch das Design der Rute soll speziell werden, indem die grösseren Flächen geflämmt und die kleineren blond sind. Dazu benötigen wir zwölf geflämmte Spleisse und vierzehn blonde Spleisse.
Nachdem wir nun sämtliche 26 Stück sauber ins Dreieck gehobelt haben, können wir den Schleifklotz zur Hand nehmen und damit die Aussenhaut des Bambusspleisses abschleifen. 
Hier kommt ein weiterer, äusserst wichtiger Qualitätsaspekt einer Gesplissten. Wir schleifen mit dem Schleifklotz wirklich nur die Aussenhaut weg.
Auf der untenstehenden Skizze sehen Sie schematisch dargestellt zwei sich gegen die Spitze verjüngende Spleisse. Die Kraftfibern sind rot eingezeichnet. Währenddem beim links dargestellten Spleiss alle Kraftfibern möglichst gerade zur Spitze verlaufen, verhält es sich beim Spleiss auf der rechten Seite völlig anders, da er nicht vorher gegrädet worden ist:

Wir achten auch bei den Knoten darauf, dass wir nicht zu viel weg schleifen. Ein geschliffener Knoten sollte nicht mehr als 1 cm lang sein.

Das beste Material des Bambus liegt aussen, direkt unter der Haut und dieses wollen wir in der fertigen Rute und nicht am Schleifklotz.

Nach und nach sind nun alle 26 Spleisse geschliffen und das sieht dann so aus:
 

Nun stellen wir die Hobelform ein. Dazu benötigen wir eine Tiefenmessuhr, welche uns die Tiefe der Klaffung in der Hobelform messen kann:

Die Hobelform besitzt zwei 60 Grad Kerben. Eine für das Handteil und eine für das Spitzenteil. Die Kerbe für das Handteil ist etwas grösser als diejenige für das Spitzenteil. An der Hobelform befinden sich in regelmässigen 5 Inch Abständen (alle 12,7 cm), verstellbare Schrauben. Sie sehen diese auf dem Bild oben rechts.  Mittels dieser Schrauben kann man die Klaffung in der Hobelform grösser oder kleiner machen.
Je nach dem, was für eine Rute man bauen möchte, muss man nun das „Rezept“ für diese Rute einstellen. Man beeinflusst mit diesem „Rezept“ die Aktion der Rute. Ich entwerfe alle meine Ruten zu erst am Computer. Nachfolgend können sie Einblick gewinnen in diese Taperentwicklung:
Zuerst werden in einer Erfassungsmaske die Tapermasse, Länge, Teilung, Schnurklasse und Hülsendaten eingegeben. Anschliessend kann man die Rute unter Belastung
betrachten: 
Es folgen die Belastungs- und Energieverteilungskurven:
Auch ich verwendete am Anfang die Tapermasse bekannter Rutenbauer, damit ich das Resultat davon dann an der fertigen Rute überprüfen konnte.  Auf diese Weise baute ich rund 30 verschiedene Ruten bekannter Rutenbauer nach. Diese Ruten wurden dann von meinen Kollegen und mir ausgiebig getestet, um nicht zu sagen zum Teil massiv vergewaltigt. Nach diesen Tests wurde an den Tapermassen „herumexperimentiert“ bis zu dem Moment, wo man sagte: Das ist es! 
Sie fragen nun zu Recht: Was ist es? 
Das ist eben individuell, für den einen ist es diese Rutenaktion, für einen anderen passt sie überhaupt nicht, dafür etwas ganz anderes!
Mit der Zeit kommt man als Rutenbauer aber soweit, dass man einem Fliegenfischer nur ein wenig zuschauen muss, um genau zu wissen, welche Rute in seiner Hand liegen müsste. 
Für mich als Rutenbaufetischisten ist dies der allergrösste Reizpunkt. Hier ist der Grund, weshalb ich die Ruten nicht nur für mich alleine bauen möchte. Ich könnte ja nur noch einen gewissen Typus Rute bauen, eben denjenigen, welcher auf mich persönlich abgestimmt ist. Da ist jeder Kunde mit seinen Wünschen eine herrliche Herausforderung um gemeinsam heraus zu finden, welche Rute er in Händen halten sollte. Die gegenseitige Begeisterung, wenn das fertige Resultat vorliegt und voll ins Schwarze getroffen hat, ist dann der grösste Lohn.
Für meine 13-fach Gesplissten benötige ich sehr feine Spleisse. Dank diesen sehr feinen Spleissen, gelingt es mir, noch mehr Kraftfibern in den Blank zu kriegen, als mit der herkömmlichen 6-Spleiss Variante. Diese feinen Spleisse können nur auf der Spitzenseite der Hobelform gefertigt werden. Deshalb stelle ich das Endmass für die Rute auf dem Spitzenteil ein, drehe die Hobelform dann aber auf die Handteilseite und hoble die geschliffenen Spleisse nochmals herunter. Nun sehen alle Spleisse schon recht gleichmässig aus:
Die Spleisse können nun mit Faden zusammengebunden werden, indem man sie in Form einer Kreuzwicklung umwickelt. Die fertig umwickelten Spleisse gehen in den Rutenbauerofen und werden dort getrocknet. Es ist schwierig für das Trocknen ein Rezept an zu geben. Ich verlasse mich dabei sprichwörtlich auf meine Nase. Der Bambus riecht nach einer gewissen Zeit auf eine bestimmte Art und Weise. Da ist für mich der Zeitpunkt gekommen, ihn aus dem Ofen zu nehmen. Meinen Ofen erwärme ich auch mit der Heissluftpistole, auf ca. 200 bis 220 Grad Celsius.
So sieht mein Rutenbauerofen aus:

Den Ofen hat mir jemand aus dem Sanitärbereich gefertigt, er besteht aus zwei ineinander liegenden Rohren, wovon eines zusätzlich Löcher aufweist. Oben hat der Ofen zwei Öffnungen. In die erste kommt das Heissluftgebläse, in die andere werden die Rutenteile gehängt. Es gibt auf dem Internet Anleitungen zum Bau solcher Ofen.
Der nächste Arbeitsschritt wird das Endhobeln sein. Beim Endhobeln ist das scharfe Werkzeug (Hobel) von allergrösster Wichtigkeit. Zum schärfen benutze ich folgendes Hilfsmittel:

Das Hilfsmittel heisst Veritas-Schleif-hilfe und erleichtert mir als nicht Profischärfer das arbeiten sehr. Selbstverständlich gibt es Leute, welche da anders vorgehen würden – ich auch, wenn ich es könnte. Egal auf welche Art und Weise; Ziel ist es, eine möglichst scharfe Hobelklinge zu erhalten. Je schärfer diese ist, umso präziser können wir Endhobeln. 

Gerade bei meinen 13-fach Gesplissten ist ein Spleiss in der Spitze noch gerade mal 0.56 mm dick und dieser kann nur mit extrem scharfem Werkzeug noch gehobelt werden. 
Auch ein schlecht gegrädeter Spleiss würde hier unweigerlich zu Bruch gehen.


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