Reise: Indischer Ozean
Tropische Fliegenfischen-Geschichten
von Michael Müller

Vorwort: Wieder einmal Familienurlaub und DIY Fliegenfischen in den Tropen, auf einem Eiland im Indischen Ozean. Dieser Trip steht jedoch unter einem besonderen Stern, Corona hält die Welt in Atem, bzw. fängt an die Welt zu überrollen, während wir uns fernab der Heimat befinden. So kommen wir nicht nur in den "Genuss" einer unfreiwilligen Urlaubsverlängerung auf volle 4 Wochen, sondern auch zu erheblichen Mehrkosten und Umwegen beim Rückreise- Desaster. Aber genug davon. Wer weiß, wann Urlaubsreisen in dieser Art wieder möglich sein werden, deshalb sind wir dankbar für jeden erlebten Tag und natürlich fürs heile wieder Heimkommen.
Viel Neues gibt es vor Ort nicht und vieles kennt Ihr ja schon aus meinen Tropen-Berichten der vergangenen Jahre. Dennoch habe ich Euch wieder einige spannende Angelerlebnisse aufgeschrieben und eine Auswahl der schönsten Bilder zusammengestellt. Ich wünsche Euch viel Freude damit - und mögen bald für alle wieder bessere Zeiten anbrechen!
Idyllisch: von Mangroven gesäumtes Flat
Seit drei Tagen fische ich auf diesem Flat, welches ich in den letzten zehn Jahren zu Unrecht vernachlässigt habe, aus welchen Gründen auch immer. Die mir wohlbekannten und eigentlich immer bewährten Plätze geben in diesem Jahr absolut nichts her, also bin ich auf der Suche nach anderen guten Fischgründen hier am Ende einer großen Bucht gelandet. 

Der Platz ist schon optisch ein Traum, hat aber auch sonst viel zu bieten. Ein schmaler Strand aus feinem Korallensand wird von einem dichten Baumbestand gesäumt, der wie ein Schutzwall zur unweit vorbeiführenden West Road wirkt. 
Das sich davor ausdehnende Flat könnte abwechslungsreicher kaum sein. Es gibt harte und weichere Sandgründe, korallige Abschnitte mit Tangbewuchs und die Blauwasserkante ist nicht allzu weit entfernt. Eine schützende Riffkante fehlt hier, sodass bei jedem Wasserstand freie Fahrt für die Fische herrscht. In der Mitte des Flats liegt ein leicht sumpfiger Part mit Mangrovenbewuchs und einem Süßwassereinlauf.

Auf dem Flat selbst herrscht jede Menge Fischbetrieb. Neben dem stets vorhandenen kleineren Fisch-Allerlei kreuzen Meeräschentrupps, Rochen, kleinere Haie und anderes Getier des Watanglers Weg. Je nach dem wie einem das Fischer-Glück hold ist, begegnet man an „Zielfischen“ Indian Ocean Permit, Bonefish, verschiedenen Trevally Arten (Jacks), Barrakuda und Crocodile Needlefish.

Soviel der Vorrede.



Herrliches Wasser: ein Traum in Türkis
Langsam wie in Zeitlupe schleiche ich über das Flat und halte mit wurfbereiter #8er Rute nach Fischen Ausschau. Oder präziser ausgedrückt: nach sich bewegenden, verdächtigen Schatten. In den frühen Morgenstunden war Vollflut und jetzt am Vormittag ist diese am Ablaufen. Eine ideale Konstellation, man beginnt im Uferbereich die Fische zu suchen, und arbeitet sich später bei fallendem Wasserstand immer weiter auf das Flat hinaus.

Ich bin derart fixiert auf eine Stelle voraus, wo ich glaubte, etwas gesehen zu haben, dass ich mein näheres Umfeld ein paar Minuten außer acht lasse. Und das rächt sich sofort! Ich schaue kurz nach links... und sehe einen sehr ordentlichen Bonefish keine 6 Meter entfernt auf mich zukommen. Wir sehen und erschrecken uns gleichzeitig und so brauche ich den flüchtenden Fisch nicht mal mehr die Fliege hinterher zu werfen, Scheibenkl..... :-(



Einer der häufig vorkommenden "Longtail silver biddy", diese nehmen die Fliege am liebsten direkt vom Grund
Eine Stunde später, ein paar Trevally verscheucht, aber sonst ist nicht viel passiert. Da sehe ich ihn: wieder kommt ein Bonefish von ansprechender Größe in Sichtweite, diesmal rund 20 Meter entfernt von rechts. Ich schneide ihm mit einem kleinen weißen Crazy Charlie den Weg ab. Es ist flach, vielleicht knietief hier, der Fisch ist entsprechend spooky, dreht ab und schwimmt im großen Bogen davon. Aber noch ist er in Wurfweite. Ich werfe erneut und versuche ihm weiter links mit einigen Metern Vorhalt erneut die Fliege in den Weg zu werfen. Er bekommt das mit und es scheint ihm nicht zu gefallen, er schwimmt mit scharfer Rechtskurve davon. Also wieder mal nix... 

Aber was ist das? Neben ihm taucht ein zweiter Bone auf und schwimmt in Richtung meiner Fliege, der ich nun mit kurzen Stripps Leben einhauche. Diesmal geht die Rechnung auf, er nimmt ... und ab geht die Post, wunderbar!!! Der starke Fisch geht mehrmals ins Backing und schließlich kann ich ihn glücklich in meinen Händen halten.

Trotz neuer, unterwassertauglicher Kamera werden fast alle Fotos Mist. Wenn man alleine auf dem Flat ist, gestaltet sich das Fotografieren eben schwierig. Aber was soll’s, es zählt der Moment und der wunderschöne Fisch hat sich sowieso tief im Gehirn eingebrannt!

Wunderbares Silber
Crocodile Needlefish im Drill. Diese attackieren unerschrocken alles, werden mit um 1,50m auch recht groß, und die Fliege ist danach meistens völlig zerbissen, also im Eimer ...
Im passenden Moment die Kamera gezückt... Crocodile Needlefish sind wahre Sprungakrobaten ...
... und haben neben einem kräftigen Schnappreflex auch richtig böse Zähne
Krasser Gegensatz dazu: ein hübscher Indian Ocean Permit im Drill
Später ziehen immer wieder einzelne Trevally übers Flat, aber entweder weichen sie meiner Fliege im großen Bogen aus oder inspizieren sie kurz, um sie dann abzulehnen. Gestern hatte ich wenigstens mal einen dieser Burschen kurz drauf, leider flog mir der Haken aufgebogen entgegen. Heute jedoch sind die Fische sehr zügig unterwegs und es hat den Anschein von Hektik. Kurze Zeit später offenbart sich mir der Grund dafür: ein Stück weit draußen hat sich ein Kleinfischschwarm eingefunden. Vielleicht 15 Quadratmeter groß, hebt sich dieser als dunklere, pulsierende Wolke, die ständig ihre Form und ihren Standort verändert, deutlich von ihrer Umgebung ab. Noch auffälliger sind die fünf, sechs großen Schatten, die den Schwarm rasch umkreisen und immer wieder hereinstoßen, sodass die Fischchen hektisch auseinanderstieben. 

Genauso hektisch werde ich jetzt auch, Adrenalin schießt in die Blutbahn, das ist DIE seltene Chance, hier will ich mitmischen!

Natürlich liegt die zehner Rute im Quartier (na super!!!) - und ich bin hier mit achter Bonefish Ausrüstung und 0.40er Vorfach unterwegs. Naja, wenigstens die Streamerbox ist am Mann. Also mit zittrigen Händen einen großen Brummer angebunden. Wirft sich absolut besch.... aber mit Ach und Krach landet das Teil im Schwarm. Zweimal gestrippt und.... es macht Rumms. Einer von den Räubern hat zugegriffen und hängt. Aber leider nur kurz. Ausgehängt und der Fliege ein Auge geklaut!

Also wirklich, so geht das nicht! Das Treiben entfernt sich und ich habe etwas Zeit zum Umbauen. Ein kleinerer, leichterer Streamer wird angeknotet, in GT Lieblingsfarbe Schwarz, sowie das Vorfach gekürzt. Das könnte klappen, jedenfalls wirft es sich viel besser.

Ich habe Glück, der Schwarm nähert sich wieder und ich bekomme eine neue Chance zum Anwerfen. Wieder dauert es nicht lange und die Rute ist krumm. Es ist ein kleiner Thun, der sich am Fressen beteiligte.

Nächster Wurf, wieder ist die Rute krumm. Oder eher gerade, denn diesmal hat einer der dicken Räuber zugegriffen, der sich als GT entpuppt. Der Drill zieht sich am zu leichten Gerät hin, aber schließlich entscheidet er sich zu meinen Gunsten. Interessant: im Drill wird der Fisch zeitweise von einen zweiten GT und zwei neugierigen Permit begleitet.

Nach diesem Fisch mache ich Schluss für heute und mache mich auf den Weg zum "Basislager" zum Schnorcheln und Relaxen. Was für ein großartiger Vormittag auf dem Flat!


Die Ebbe ist angebrochen
Wasser weg auf dem Flat. Zeit für andere Aktivitäten. Und das Wasser kommt wieder, soviel ist mal sicher ...
Blick von den Bergen nach Westen
Du bist nicht allein ...
Kurze Wege aufs Flat
Es wird Abend. Das passiert hier gegen halb Sieben ...

Ein neuer Morgen im Paradies... Auch das passiert hier gegen halb Sieben ... ;-) (Foto: Christian Weber)

Nichts wie ab an den Strand!
Nach wochenlanger „Dürreperiode“ bin ich heute, am vorletzten Tag noch einmal auf dem gleichen Flat wie zu Beginn.

Die Gründe für die mangelhaften Fangerfolge der letzen Tage sind sicher vielfältig. Wasserstand zu niedrig, Wasserstand zu hoch, Wasser zu trübe, Wind zu stark, Wellen zu hoch, Mondphasen unpassend, Null Sicht ins Wasser durch zu viele Wolken oder einfach trotz m.E. bester Bedingungen kein Zielfisch auf dem Flat aufgetaucht. Oder sie sind aufgetaucht, verweigerten jedoch die Fliege oder nahmen gleich reißaus. Oder sie sind aufgetaucht und ich habe sie nicht bemerkt. Oder, oder, oder ...

Heute ist jedoch ein Tag, da passt alles, man kann es direkt fühlen. Ablaufende Flut am Morgen, Wasserstand optimal, sonnig und wolkenlos, daher beste Sicht ins Wasser, leichter Seewind.

Ich habe eine kleine weiße Crazy Charlie #8 angebunden, für die sich zuerst ein kleiner Bluefin Trevally interessiert. Wenig später kreuzt ein kleiner Trupp Golden Trevally von rechts auf, keine sechs Meter entfernt. Die Burschen suchen am Grund nach Nahrung, ich sehe ein paar mal kurz ihre Schwanzflossen winken. 

Mein Wurf kommt gut, die Fliege landet ca. zwei Meter links vor dem Trupp in dessen Schwimmrichtung. Keine fünf Sekunden später ist die Rute krumm. Einer der von mir liebevoll "Staubsauger" genannten Fische hat den Charlie bedenkenlos genommen und zeigt mir nun seine enorme Kampfstärke.

Beste Konditionen!
Bluefin T.: Hat das kleine Mäulchen recht voll genommen und sieht schon so aus wie die Großen später auch ...


Ein prächtiger Golden Trevally und starker Gegner an der leichten #8er ...
Endlose Strände und keine Menschenseele, herrlich ...
Zwischendurch gibt's immer wieder mal einen hübschen Permit ...

Ein Stündchen hab ich noch, also pirsche ich erneut lautlos übers Flat. Wie aus dem nichts taucht plötzlich ein riesiger Bonefish vor mir auf. Wieder einmal haben wir uns wohl zur gleichen Zeit entdeckt, denn der Fisch stockt, weicht aus und schwimmt in einer Kurve von mir weg. Es bleibt Zeit für einen einzigen sauberen 20 Meter Wurf. Der sitzt und die Fliege landet mit ca. 3 Meter Vorhalt in Schwimmrichtung des Fisches. Der steuert auf die Fliege zu und.... nimmt sie.... ich werd' wahnsinnig!!! 

Wenige Sekunden später rauscht mein Backing durch die Ringe. Das geht eine Weile so hin und her, schließlich kann ich den Fisch näher bringen und staune nicht schlecht. Denn es ist kein Bone. Ein GT hat die kleine Krabbenfliege genommen und an der #8er Rute einen tollen Tanz geliefert.

Was für ein Tag und ein mehr als toller Abschluss meines diesjährigen Seychellen Trips...
 

Ein wirklich toller Lohn!



Ich hoffe, es hat euch bis hierhin gefallen.
Zum Abschluss folgen noch einige Insel-Impressionen, wenn Ihr mögt:
Traumstrände satt ... und bis auf wenige Ausnahmen nahezu Menschenleer ...



























Übrigens: Die meisten Permit sehe ich nicht beim Fliegenfischen - sondern beim Schnorcheln ...

... und noch unzählige andere Arten ... das lohnt sich wirklich! Aber nimm dazu eine der neuartigen Subea-Masken und schöne lange Taucherflossen!
Gutes Raubfisch-Fliegengespann. Die 3D-Augen bekommen zur optimalen Bissfestigkeit eine dicke Schicht UV-Lack!
Lust auf mehr Tropen & FliFi bekommen? 
Weiterführende Links:
Seychellen Light Tackle Flyfishing Tour 2010 (Klick)

Seychellen Gruppen- Tour 2011 | (Klick)
Seychellen Light 2014 | (Klick)
Seychellen Light 2019 | (Klick)
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Absolut kompromisslos gute Hakenqualität ist in den Tropen entscheidend, sonst bezahlt man mit dem Ärger über den Verlust seines Traumfisches. Dieser No-Name Schrott sah nach dem ersten Zangenlösen aus einem Snappermaul so aus und wurde samt seinen Kollegen, so schön ich sie auch gebunden hatte, sofort aus der Fliegendose verbannt.


© Ein Beitrag und Fotos von Michael Müller für www.fliegenfischer-forum.de - April 2020.
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